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Sommer 2006 | militante gruppe (mg)

Interim 639

mg-express No.3

Infos zu klandestiner Politik

Wir legen hiermit, quartalsgerecht, den dritten mg-express vor. Diesmal wollen wir uns einwenig mit dem in 12 Monaten stattfindenden G8-Gipfel in Mecklenburg Vorpommern beschäftigen. Es haben sich bereits seit einigen Monaten  drei Bündnistreffen aus der (revolutionären) Linken gebildet, die gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm mobilisieren werden. Dazu zählt das Anti-G8-Bündnis für eine revolutionäre Perspektive, das Dissent!-Netzwerk und Aktivitäten aus der sog. Interventionistischen Linken (IL).

Als ein Mobilisierungsauftakt wird vom 4.- 13. August 2006 ein Anti-08-Sommercamp an der Ostsee aufgeschlagen. Es sind seit Ende letzten Jahres bereits sechs Brandanschläge verübt worden, die einen direkten inhaltlich praktischen Bezug zum kommenden G8-Gipfel herstellen. Wir unterstützen als militante gruppe (mg) den aus Hamburg eingebrachten Kampagnen-Vorschlag. Innerhalb der Anti-G8-Mobilisierung mit militanten Beiträgen aufzuwarten. Entscheidend wird dabei sein, dass sich diese militante Kampagne nicht als ein punktuelles Strohfeuerchen darstellt, sondern als ein Aufhänger einer kontinuierlichen und koordinierten militanten Politik in der BRD. Der Rahmen der Militanzdebatte und das Projekt einer militanten Plattform bieten hierfür eine tragfähige Basis

Wir möchten wiederum darauf hinweisen, dass die gesamte Politik unserer Gruppe einschließlich dieses unscheinbare Blättchen intensives Interesse in den Amtsstuben des BKA hervorgerufen hat. Deshalb ist bei der solidarischen Verbreitung desselben äußerste Vorsicht geboten!

Militante Politik und die Anti-G8-Mobilisierung

Der G8-Gipfei wirft seine langen Schatten voraus, der Tagungsort eines Kempinski-Hotels ist bereits jetzt eine privatisierte No-Go-Area. Bush schaut in den nächsten Tagen schon einmal im dünnbesiedelten Bundesland der BRD auf eine Stippvisite vorbei. Ab Frühsommer 2007 wird eine ganze Region mit einem, wie sie hoffen werden, lückenlosen Sperrgürtel vom wirklichen Leben abgetrennt. Innerhalb dieses Sperrgürtels wird der Belagerungszustand permanent.

Und was machen die Spektren der (revolutionären) Linken? Einiges. Es ist doch eine Menge Betriebsamkeit festzustellen, die recht optimistisch stimmt. Die verschiedenen Bündnisstrukturen nehmen mehr und mehr Konturen an, ein solidarischer und kooperativer Umgang untereinander wird als Anspruch allseits formuliert. Darüber hinaus haben einige klandestine Zusammenhänge öffentlich erklärt, „Heiligendamm 07“ zu einem zwischenzeitlichen, kampagnenartigen Schwerpunkt ihrer militanten Aktivitäten zu machen.

Uns kommt es darauf an, in den kommenden Monaten nach und nach unsere Standpunkte im Kontext derAnti-G8-Mobilisierung zu präzisieren und vor allem die militante Option im Rahmen eines komplexen revolutionären Aufbauprozesses zu forcieren. Damit haben wir uns viel vorgenommen.

Die Rolle militanter Politik Im Rahmen der Anti-G8-Mobilisierung

Wir finden die Initiative, die von Hamburger Genossinnen mit ihrem Brandanschlag auf das Fahrzeug der Vorstandschefs der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, im letzten Hochsommer ergriffen wurde als Kampagnenanstoß wichtig und richtig. Sie schreiben als Begründung für diesen Schritt,

„(...) nicht erst Anfang 2007 in einer Art Feuerwehrpolltalk in die Mobilisierung der Antiglobalisierungsbewegung einzusteigen, sondern die nächsten zwei Jahre zu nutzen, an konkreten praktischen Initiativen darüber zu diskutieren, wo und wie wir Strukturen kapitalistischer Ausbeutung und imperialistischer Unterdrückung angreifen können und müssen. (Interim 622, 5.8.05)

Allerdings halten wir die Kritik, die von den Genossinnen „FÜR EINEN REVOLUTIONÄREN AUFBAUPROZESS?“ formuliert wurde, für sehr angemessen (vgl. Interim 625, 21.10.05). Es ist das altbekannte Manko, dass zuwenig eine gegenseitige Bezugnahme stattfindet und ein präziser Austausch oftmals in den Anfängen stecken bleibt, Das betrifft leider auch und gerade diejenigen Genossinnen, die in regelmäßigen Abständen spezifische Initiativen starten und dem damit zusammenhängenden kontinuierlichen Aufwand eventuell unterschätzen und somit nicht der erforderlichen Vorantwortungsübernahme gerecht werden können. Deshalb ist es unerlässlich, dass sich selbst vergewissert wird, ob das, was man an Aufrufen und Forderungen in Strukturen der revolutionären Linken hineinträgt, auch selbst eingelöst werden kann.

Wir wollen nicht falsch verstanden werden; wir gehen weiterhin davon aus, dass in einer «militanten Kampagne im Rahmen der Anti-G8-Mobilisierungen eine Menge Potential drinstecken kann, wenn wir uns als klandestine Zusammenhänge über einige Essentials verständigen, die nach einem zeitlich überschaubaren und quantitativ machbaren Prozess fixiert werden können. Dazu müssten allerdings in Bälde von denen, die richtigerweise die Initiative beim Schopfe gepackt haben, weitere Wortmeldungen erfolgen, damit wir uns gemeinsam weitergehend orientieren können. Denn von den zwei Jahren Vorbereitungszeit ist bereits eines verstrichen.

Das ist aus unsrer Sicht auch deshalb notwendig, da es bereits einige weitere militante Aktionen gegeben hat, die sich ausdrücklich auf die InitiatorInnen beziehen und zum Teil eigene, ergänzende Vorschläge eingebracht haben. Daran muss unbedingt angeknüpft werden, wenn wir dem militanten Standbein innerhalb der Anti-G8-Mobilisierung weitere Stabilität geben wollen – und wir gehen davon aus, dass wir das alle wollen.

Wir denken, dass im Zuge der mehrjährigen Militanzdebatte sehr konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, die möglicherweise einzustauben drohen, wenn sie dort als geduldiges Papier verharren, Ein tendenzielles Zusammenwirken militanter Gruppenstrukturen, die auf der zu koordinierenden Basis von Aktion & Diskussion einen Abstimmungsmodus finden, ist existenziell, wenn wir nicht nur hie und durch zusammenhängende Brennpunkte den Anti-G8-Trubel „flankieren, sondern versuchen, selbst Akzente zu setzen. D.h. aber dass wir so langsam aber sicher aus den Puschen kommen und mit der gegenseitigen inhaltlich-praktischen Bezugnahme konkret werden müssen, damit sich Handlungslinien und thematische Interventionsfelder abzeichnen, die wir dann mit kollektivem Nachdruck verfolgen können.

Sozialrevolutionärer & antiimperialistischer Widerstand = Kampf für den Kommunismus!

Wir sehen in dem Mobilisierungsprozess gegen den Gipfel der G8-Staaten eine gute Gelegenheit, einen inhaltlich-praktischen Bogen zwischen sozialrevolutionärer und antiimperialistischen Themensträngen zu schlagen. Die Stichworte dazu sind schon häufig gefallen, eine Militarisierung nach innen korrespondiert mit einer Militarisierung nach außen und umgekehrt; eine sozialtechnokratische Offensive fällt folgerichtig mit der Ausarbeitung von „Neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien“ zusammen. Summa summarum ist es kein Zufall, dass sich die Kahlschlagspolitik gegen die erkämpften sowie blutig errungenen sozialen Standards und Rechte mit einem sich immer aggressiver gebärdenden neuen deutschen Imperialismus, der Auslandseinsätze als Vehikel sieht, um beim Chor der Militaristen wieder in der ersten Reihe zu stehen, paart.

Wir haben es immer für falsch gehalten, diese beiden wechselwerkenden Entwicklungen auseinander zu reißen und gegeneinander ideologisch auszuspielen. Die Trennlinie zwischen Sozialrevolutionärinnen auf der einen Seite und Antiimperialistlnnen auf der anderen Seite wurde innerhalb der revolutionären Linken jahrzehntelang eingeübt, ohne dass damit unsere gesellschaftsanalytische Prägnanz gestiegen bzw. unsere Ausgangsbedingung für politische Interventionen definierter geworden wäre.

Wir sehen in dieser organisatorischen Klammer eines sozialrevolutionären und antiimperialistischen Widerstands eine Grundvoraussetzung für den Kampf für den Kommunismus, in diesem wir bestrebt sind, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (Marx). Als Kommunismus  verstehen wir das Sinnbild für eine ausbeutungs- und unterdrückungsfreie sowie letztlich klasse- und staatenlose Assoziation aller Gesellschaftsmitglieder.

Dabei setzen wir auf linkskommunistische und rätekommunistische Fraktionen und Gruppierungen, die – in sich durchaus widersprüchlich und z.T. gegensätzlich – als erste versuchten, den staatsbürokratischen Tendenzen und  der stalinistischen Degeneration entgegenzuwirken.

Drei Grundsätze für eine militante Kampagne im Rahmen der Anti-G8-Mobilisierung

Militante Aktionen im Rahmen der Anti-G8-Mobilisierung

Über die kurzen Lügenbeine von Focus, Morgenpost uns Tagesspiegel

Da hätten wir uns während des Studiums der Wochenendpresse doch beinahe an unserem Brunch im Steigenberger übelst verschluckt. „WM-Sponsoren drohen Anschläge“, so schlagzeilte die Berliner Morgenpost (25.06.06), gestützt auf eine Vorabmeldung des „Nachrichten“-Magazins Focus (24.06.06). Der als seriös überinterpretierte Berliner Tagesspiegel machte im Lokalteil mit der Überschrift „Militante Gruppe bedroht WM-Sponsoren“ (26.06.06) tags darauf Stimmung. Die Süddeutsche Zeitung (26.06.06) zog nach und durch alle Ticker waberte dieselbe Meldung, die eigentlich gar keine hätte sein können.

Ja, eigentlich gab es gar nichts zu melden, wäre da nicht unser notorischer Enthüllungsjournalist Hufelschulte vom Focus am Werk gewesen – wieder einmal, wie wir betonen möchten. Es handelt sich um den Hufelschulte, der bereits vor fast drei Jahren über das Hetz-Organ Focus kolportierte, dass GenossInnen von Libertad! Den „Führungskern der mg“ bilden würden. Damals wie heute bezieht sich Hufelschulte auf interne Akten des BKA bzw. des LKA Berlins. Wenn die Aktenlage über uns tatsächlich  nur solchen Unsinn ergeben sollte, dann können wir getrost im Sinne Maos von Papiertigern sprechen.

Die Angelegenheit bekommt aber aufgrund ihres denunziatorischen Charakters einen üblen Beigeschmack, wenn mit der erfundenen Drohung unsererseits gegen WM-Sponsoren „extrem strenge“ Sicherheitschecks in der Adidas-Arena direkt verbunden werden. So als ob in irgendeiner Form eine Gefahr für „Leib und Leben“ der dortigen BesucherInnen ausgehen würde. Wir denken, dass diese Assoziationskette beabsichtigt ist. Wir können so etwas nur brüsk von uns weisen, zumal es nicht einmal eine wie auch immer geartete „Drohung“ gegen WM-Sponsoren von uns gibt – da ist kein Fünkchen Wahrheit dran, alles reine Erfindung.

Allerdings ist eine solche Denunziation im Vorfeld oder während einer WM nichts Neues. Den GenossInnen aus der früheren RAF wurde im Zusammenhang mit der WM von 1974 von der Tageszeitung „Die Welt“ unterstellt, dass von ihr ein Raketenangriff auf ein vollbesetztes Fußballstadion geplant sei. Damals wie heute, dreckige Lügen von auf den Gehaltslisten von Geheimdiensten stehenden Journalistenärschen.

Wir müssen als Gruppe bzw. als revolutionäre Linke darauf eingestellt sein, dass der Erfindungsreichtum von Falschmeldungen keine Grenzen kennen wird, nicht umsonst ist dies ein probates Mittel aus dem Arsenal der Counterinsurgency-Politik der ideologischen und repressiven Staatsapparate.

Wie gesagt, an den Pressemeldungen um den 24./25./26.6 herum ist nichts dran – nur heiße Luft. „Bär Bruno“ hat als Fast-Sommerloch–Thema offensichtlich nicht ganz ausgereicht, da erfand man schnell & billig „Drohungen der mg“. Aber was machen wir stattdessen? Hier die Antwort frei Haus: Wir tummeln uns in den Nobel-Hotels dieser Republik und erhoffen uns einen Schnappschuss von Maradona & Co., ansonsten genießen wir in den Sommermonaten das üppige Angebot der dortigen Minibars. Schöne und erholsame Ferien!

Internethinweise:
www.geocities.com/militanzdebatte, www.soligruppe.de, www.rafinfo.de, www.action-directe.net, www.gipfelsoli.org, www.antig8.tk, www.indymedia.org

Für eine militante Plattform – für einen revolutionären Aufbauprozess – für den Kommunismus!

militante gruppe (mg), Sommer 2006