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31. Dezember 2003 | militante gruppe (mg)

Interim Nummer 586

Anschlagserklärung

Wir haben in der Nacht vom 31.12.2003 zum 01.01.2004 mehrere Büros und Institutsräume des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin-Steglitz, Königin-Luise-Straße 5, mit Brandsätzen angegriffen. Der Leiter des DIW, Klaus E. Zimmermann, gleichzeitig Direktor des Forschungsinstitutes zur Zukunft der Arbeit in Bonn, ist in den Medien als Hardliner wahrnehmbar wenn es darum geht, den Generalangriff auf die unteren Klassensegmente in der BRD zu legitimieren. Unterdrückungs- und Ausbeutungswerkzeuge wie Hartz-Konzept, Agenda 2010, Gesundheitsreform fordert Zimmermann mit aller Härte durchzusetzen.

Das DIW eine kapitalistische Institution

Territorial eingebettet in das weitflächige Gelände der Freien Universität Berlin entsteht leicht der verklärende Eindruck, da es sich beim DIW um eine Forschungseinrichtung handelt, die sich der „Wertefreiheit der Wissenschaft“ verpflichtet fühlt. Das Gegenteil ist der Fall. Alternativen zum kapitalistischen System verkennend, wird im DIW daran, „geforscht“, den Kapitalismus am Leben zu erhalten und zu perfektionieren. Für viele Menschen bedeutet das immer weiter in die Armut gedrängt zu werden und sich den Unterdrückungsmechanismen der Sozialtechnokratie ausgesetzt zu sehen. Das DIW muss als das gesehen werden, was es ist: Ideenschmiede und Sprachrohr der deutschen Arbeitgeber- und Industrieverbände!

Im Mai 2003 wurde von DIW-Chef Zimmermann und weiteren 100 deutschen Ökonomen, dabei unter anderem auch mehrere Wissenschaftler aus Berliner Universitäten, ein Aufruf veröffentlicht. Unter dem Titel „den Reformaufbruch wagen“ fordern Zimmermann & Co, „sich den Herausforderungen von Globalisierung, technischem Fortschritt und demographischem Wandel zu stellen“. Den Abbau der Arbeitslosigkeit und die Schaffung sozialer Gerechtigkeit stellen sich die UnterzeichnerInnen wie folgt vor: Begrenzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf 18 Monate, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe, Leistungskürzung bei Verweigerung der Aufnahme einer „zumutbaren Tätigkeit“, Abbau des Kündigungsschutzes. Weiter wird gefordert, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. „Vom Gelingen dieser Reformen wird die Zukunft Deutschlands entscheidend abhängen“, so Zimmermann und seine 100 MitaufruferInnen. In mehreren Zeitungsinterviews fordert Zimmermann drastische Einschnitte der Gewerkschaftsrechte. Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung werden von ihm als „realitätsfern“ und als „Ideen aus der Mottenkiste“ tituliert. Aus den Veröffentlichungen des DIW und den Aussagen Zimmermanns lässt sich eine grundlegende Denkstruktur herausfiltern. Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen ginge es zu gut. Hier wird sich der HERRschenden Theorie bedient, die besagt, dass die Arbeitslosigkeit ihre Grundursache in der Höhe des Lohns hat. Nur durch die Senkung des Arbeitslohns sind die Käufer der Ware Arbeitskraft bereit, die Ware Arbeitskraft zu kaufen. Damit es dazu kommt, seien „Reformen“ unabdinglich, um auch die letzten Barrieren beiseite zu räumen, die ein Drücken der Löhne auf Hungerniveau bislang stören. „Denn je schlechter es einem geht, desto höher wird der Arbeitsanreiz und desto niedriger die Arbeitslosigkeit“, so die dreckige Logik der kapitalistischen Denkfabrik. Dieser als Reformprojekt getarnte Generalangriff richtet sich also nicht nur primär gegen Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen und Menschen über 50 Jahre, die schon heute in 60 Prozent aller Betriebe nicht mehr beschäftigt werden. Gemeint sind auch die LohnarbeiterInnen!

Das Soziale revolutionieren – Klassengegensätze diskutieren, politisieren und radikalisieren

Die Phrasen, welche heute unter dem Schlagwort „Reformen“ von der Schröder‘schen Sozialdemokratie gedroschen werden, sind so alt und falsch wie die neuzeitliche Sozialdemokratie selbst. Nicht die Abschaffung ausbeuterischer Lohnarbeit ist das Ziel, sondern die Perfektionierung dieser durch Sozialtechnologie und bürgerliche Wirtschaftswissenschaft. Das alte sozialdemokratisch-keynesianische Credo des „Wohlstandes für alle“ als soziales Befriedungsprojekt wird durch neoliberale Deklassierungs- und Verelendungsprozesse überlagert. Dies wird süßlich als „Umbau des Sozialstaates“ zu kaschieren versucht. Planmäßige Organisation der Lohnarbeit und somit auch der Arbeitslosigkeit („industrielle Reservearmee“) bzw. die präventive Unterdrückung von Protestpotentialen waren und sind die Voraussetzung, um die Mehrwertmaschine am Leben zu erhalten. Ausfallschritte von ProduzentInnen und Deklassierten, wilde Streiks oder gar Formen von Revolte sind dem Kapital verhasst. Idealbild ist der flexibilisierte männliche Facharbeiter mit entsprechendem Produzentenstolz und Firmenbindung.

Viele radikale Linke scheuen sich heute den Begriff „Klasse“ zu diskutieren und zu politisieren. Fakt ist, dass der Klassenangriff von oben derzeit Konjunktur hat. „Hartz“, „Agenda 2010“ und andere Projekte des Kapitals sprechen für sich. Ein sich aggressiver gebärender und periodisch neu formierender Kapitalismus, der sich zudem sozial stark ausdifferenziert hat, lässt Klassenkonflikte und antagonistische Potentiale im Nebulösen. Dabei ist die lohnabhängige und deklassierte Arbeiterlnnenklasse keineswegs verschwunden, denn der Kapitalismus basiert „naturwüchsig“ auf der Ausbeutung von Lohnarbeit und der willkürlichen Ausgrenzung und Vernutzung von Deklassierten. Der Postfordismus verstärkt die Spaltungen innerhalb dieser Klassenstrukturen. Die Umstrukturierung und Neuzusammensetzung schafft innerhalb und jenseits nationalstaatlicher Grenzen neue Formen sozialer Ungleichheit. Was bisher fehlt, sind die Handlungskompetenzen, um die einzelnen marginalisierten Blöcke zusammenzubringen und zum Klassenkampf zu organisieren. Auch wir als militante gruppe (mg) befinden uns in einem Prozess der Auseinandersetzung um Fragen der Begriffsbestimmung von „Klasse“ und Fragen des kommunistischen Kampfes. Begriffe wie „Klassenkampf“ und „soziale Revolution“ sind zu komplex, um vorschnell den Widerstand gegen den Klassenangriff von oben in all seinen Facetten exakt definieren zu können. Die Notwendigkeit, diesen Widerstand militant zu stützen, steht außer Frage, zumal wir selbst dieser kapitalistischen Angriffsoffensive ausgesetzt sind und nicht als „Außenstehende“ agieren.

Wenn uns aus den Reihen des Repressionsapparates – wie unlängst auf dem Linksextremismus-Symposium des Verfassungsschutzes vorn Thüringen – von einem Vertreter des Bundes-VS das Stigma „debile Altrevolutionäre“ angeheftet wird, fassen wir das als Kompliment auf. Darüber hinaus kann es mit der Analyse- und Erkenntniskraft dieser Büttel nicht als zu weit her sein, wenn sie den gewaltbereiten Linksextremismus als ein „sozial pathologisches Randfeld der Gesellschaft“ bezeichnen oder dubiöse Presseinszenierungen gegen die militante Linke lancieren. Zynismus und hektische Betriebsamkeit setzen immer dann ein, wenn die Sorgenfalten innerhalb des Apparates größer werden und das Selbstbewusstsein aufgrund des eigenen und wiederholten Versagens auf den Nullpunkt sinkt.

Denkfabriken und Schulungsschmieden des Kapitals angreifen – DIW zerschlagen!

Den sozialrevolutionären und antiimperialistischen Widerstand organisieren!

Die Freiheit der revolutionären Gefangenen erkämpfen – Repressionsapparate angreifen!

Für eine militante Plattform – für einen revolutionären Aufbauprozess – für den Kommunismus!

militante gruppe (mg), 31. 12. 2003

Diese militante Aktion widmen wir den RevolutionärInnen und KPD-BegründerInnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die von der Sozialdemokratie vor 85 Jahren ermordet wurden.