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Dezember 2004 | militante gruppe (mg)

Interim Nummer 608 und 609

(Stadt)guerilla oder Miliz?

Nachbetrachtung zum Kongress „Theorie und Praxis der Stadtguerillabewegung – der bewaffnete Kampf als Teil linker und bundesdeutscher Geschichte”

Wir begrüßen Eure Initiative, dass ihr anlässlich des 30. Todestages des Genossen Holger Meins einen Kongress zu Stadtguerilla und bewaffnetem Kampf in der BRD vom 19.11-21.11 und 3.12-5.12. 2004 in Trier abgehalten habt.

Dabei sehen wir Eure Initiative als eine gewisse Fortsetzung der letztjährigen Kampagne zum 10. Todestag von Wolfgang Grams. Bereits damals haben wir versucht, dieses Projekt mit einem Textbeitrag aufzugreifen und durch Erfahrungen aus der militanten Praxis zu ergänzen Interim Nr. 575, 26.6.2003

Wir wollen mit diesem Text in erster Linie eine neue Fragestellung im Rahmen der Militanzdebatte aufwerfen Stadtguerilla oder Miliz Wir haben in unseren Texten erklärt, dass wir die Militanzdebatte als eine umfassende verstehen, in der über alle Ausschnitte eines Organisierungsprozesses Basis/Bewegung-militante Gruppen-Guerrilla/Miliz-revolutionäre Parteistruktur ergebnisorientiert diskutiert werden sollte. D.h., dass die aktuell als Nebengleise aufzufassenden Aspekte z.B. bewaffneter Kampf oder Partei-Form nicht oberflächlich inhaltlich angetippt werden können, sondern wie alle anderen intensiv aufgerollt werden müssen.

Dabei werden in verschiedenen Phasen unterschiedliche Ausschnitte dieser Organisierung klar im Vordergrund stehen Seit Anfang 2001 agieren wir als Gruppe auf militanter Ebene und haben uns seit etwa drei Jahren im Rahmen der Militanzdebatte für einen inhaltlich-praktischen Verständigungsprozess militanter Gruppenstrukturen ausgesprochen.

In diesem Zusammenhang haben wir uns für die Bildung eines Koordinations-und Aktionsrahmens- militante Plattform- eingesetzt. Seitdem ist eine ganze Menge an zum Teil kontroversen Debattenbeiträgen erschienen. Diese können in der Dokumentationsbroschuere zur Militanzdebatte nachgelesen werden. Viele Argumente wurden ausgetauscht, gemeinsame und gegensätzliche Positionen abgesteckt. Dennoch fehlt bisher der notwendige Grad an gegenseitiger Bezugnahme. Die Auseinandersetzung um inhaltliche, praktische, logistische und organisatorische Fragen zu militanter und potenziell bewaffneter Politik in der BRD erscheint uns noch nicht tiefgehend genug, um tatsächlich zu formulierbaren Ergebnissen zu kommen, die auch mittelfristig tragen. Deshalb auch unsere Beharrlichkeit, sich bspw. die Widerstandsgeschichte der revolutionären Linken im Grundsatz und von Beginn an anzueignen.

Wir haben an dieser Stelle noch eine weite Wegstrecke vor uns. Das ist mitunter anstrengend und bindet Kräfte. Wir wollen damit – wie wir verschiedentlich geschrieben haben – keine Akademisierung der Militanzdebatte bezwecken . Im Gegenteil. Wir sind selbst autodidaktisch unterwegs. Profilneurotische Motive haben hier nichts verloren, denn es gibt keine Militanz-Jury, die eine Preisverleihung vornimmt.

Lediglich der Anblick der Defizite militanter Politik in der BRD, die wir selbst alle mit uns herumschleppen, führte uns dazu, großen Wert auf die inhaltliche Begründung von klandestiner Praxis zu legen. Eine plausible Alternative zu dieser Vorgehensweise haben wir bisher nirgendwo vernommen. Es gibt unseres Erachtens zu dem Projekt der systematischen Beschäftigung mit dieser unserer Geschichte vor dem Hintergrund der Auflösungswelle klandestiner Gruppen Raf, RZ, Komitee, dem ergebnislosen temporären Aufflackern von Militanzdebatten und den dazugehörigen Utopie-Verlusten keine Wahlmöglichkeit. Wenn Irgendwer eine Abkürzungsroute kennt, sollte die so schnel wie möglich bekannt gegeben werden.

Militante Politik kann aus unserer Sicht nicht auf ein reflexhaftes, ständig wechselndes Reagieren auf Irgendwelche Missstände reduziert sein. Deshalb unser Versuch, militanter Politik inhaltliche, praktische, logistische und organisatorische Konturen zu geben militante Politik als eigenständiger Faktor in einem Widerstandsebenen übergreifenden Netzwerk.

Dennoch sehen wir eine von uns maßgeblich verursachte Problematik Mit den von uns in den letzten Jahren zahlreich eingebrachten Texten Anschlagserklärungen, Beiträge für die Militanzdebatte, Presseerklärungen, inhaltliche Reaktionen auf bestimmte Debatten wie z.B. 1. Mai, Hartz IV etc. haben wir unbewusst die Messlatte für die Aufnahme von militanter Politik sehr hoch gehängt. Einerseits haben wir mit der aufrechterhaltenen inhaltlichen Kontroverse immer wieder für schriftliche Reaktionen gesorgt. Dadurch konnte die Militanzdebatte gesichert werden. Soweit so gut.

Andererseits ist bei einigen der Eindruck entstanden, oder besser: es musste geradezu der Eindruck entstehen, dass man erst militant agieren kann, wenn mindestens halb soviel gekritzelt wurde wie von uns. Das ist falsch. Dieser ungewollt erzeugte Eindruck ist allein deshalb schädlich, weil er mögliche Reaktionen nicht eben befördert, sondern auch blockiert.

Wir bitten aber darum, immer wieder zu beherzigen, aufgrund welcher Beweggründe wir so detailliert in der Militanzdebatte verfahren. Die beschriebene Gruppensituation in dem Text der GenossInnen der Autonomen Zelle in Gedenken an Ulrike Meinhof (Interim Nr. 603, 14.10.2004) bestätigt uns in der Annahme, auf allen Ebenen ein festes Fundament nach und nach entwickeln zu müssen. Das setzt Systematik in der politischen Vorgehensweise voraus. Aus dem Stehgreif lässt sich eine kontinuierlich angelegte militante Politik nach unseren Erfahrungen leider nicht realisieren.

Denn allein in der Konkretisierung der eigenen (klandestinen) Politik liegt die Gewähr einer gesicherten Gruppenexistenz. Abstrakt ist keine (klandestine) Politik, die sich um eine inhaltliche und historisch-reflektierte Herleitung und Rechtfertigung bemüht, sondern eine, die beziehungslos und auf Schlagworte reduziert bleibt. „Unnachvollziehbar” ist demnach nicht die sich erklärende, vielmehr die intern wie extern weitgehend unerklärte inhaltlich-praktische Orientierung.

Es ist des Weiteren eine völlige Überhöhung unserer Gruppensituation, wenn zuviel an Organisiertheit hineingeheimst wird. Alle bekannten Fehlstellen lassen sich auch bei uns finden. Wenn man einigen Pressemeldungen glauben schenken darf, ist es uns in diesem Jahr mit Bravour gelungen, u.a. Zimmerpflanzen und Fußmatten durch Flammenwirkungen ein gerechtes Ende zu machen. Soweit ist es mit unserer Organisiertheit offensichtlich nicht her. Wir sind hier überhaupt keine Ausnahme und dienen keineswegs als Projektionsfläche für welche positiven oder negativen Attribute auch immer. Es macht also keinen Sinn, sich aufgrund unserer relativ hohen Aktionsfähigkeit und -bereitschaft auszuruhen nach dem Motto „die Leute von der mg werdens schon machen”. Wir können nur immer wieder an die Eigeninitiative appellieren.

Das was uns vielleicht von anderen militanten Zusammenhängen unterscheidet, ist, dass wir unsere kargen Kapazitäten ausreizen und uns ständig am Limit bewegen. Ob das für andere Gruppen ebenso erstrebenswert sein sollte, lassen wir dahingestellt.

Unverkennbar ist, dass die Militanzdebatte in den letzten Wochen einen neuen Auftrieb bekommen hat. Das stimmt optimistisch. Wir denken dabei insbesondere an die Initiative, die Militanzdebatte moderieren zu wollen oder daran, über Jahre liegengebliebene gruppeninterne Diskussionen über die politische Zielsetzung durchziehen zu wollen. Wir haben dabei vor allem die GenossInnen der Autonomen Zelle in Gedenken an Ulrike Meinhof vor Augen, die aus diesem Prozeß hoffentlich gestärkt und nicht gebrochen hervorgehen.

Die Bedeutung eines Kongresses zur (vergangenen) Politik einer Stadtguerilla

Wir wissen wie schwer es ist, für die Thematik des bewaffneten Kampfes eine breite Resonanz zu finden. Selbst in linksradikalen Zusammenhängen können wir nicht einfach davon ausgehen, dass sich damit auseinandergesetzt wird. Dazu kommt, dass wir seit Jahren mit einem „Trommelfeuer” der Desinformation und Diskreditierung des bewaffneten Kampfes durch diverse mediale Meinungsmacher konfrontiert sind. Die Arien des Abgesangs durch ehemalige AktivistInnen haben zu einer zusätzlichen Verunsicherung geführt.

Derzeit tingelt der ehemalige „xy-Aktenzeichen ungelöst”-Moderator Butz Peters mit seinem neuen Machwerk „Tödlicher Irrtum” zur RAF-Geschichte durch die „Informationssendungen” im TV. Zu allem Überdruß findet die vor einem Jahr abgesagte „RAF-Ausstellung” der Kunst-Werke Berlin unter Schirmherrschaft des ehemaligen Innenminsters Gerhart Baum ab dem 29. Januar 2005 statt. Wir wollen die unter dem Titel „Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF. Ausstellung” stattfindende Abrechnungsshow in diesem Beitrag nicht weiter kommentieren. Es wird also weiter auf unabsehbare Zeit nachgetreten.

Da seit der Auflösung der Metropolenguerilla in der BRD 1998 die „sinnliche Erfahrung” des bewaffneten Kampfes fehlt, sind mehr und mehr (Wissens-) Grundlagen abhanden gekommen. Ob wir wollen oder nicht, wir kommen an einer bis ans Mark gehenden (Neu-)Beschäftigung mit klandestiner Politik nicht vorbei. Dabei werden wie Vieles, wenn nicht Alles, auf den Prüfstand stellen müssen. Einen Baustein der u.a. von uns intensivierten Aufbereitung der Geschichte des bewaffneten Kampfes sehen wir in Euren abgehaltenen Veranstaltungen. Mit dieser Aufbereitung haben wir unserem ersten Teil des Serienbeitrags „Bewaffneter Kampf – Aufstand – Revolution bei den KlassikerInnen des Anarchismus, Frühsozialismus und Kommunismus” (vgl. Interim Nr. 600, 2.9.2004 plus folgende Ausgaben) begonnen. Entscheidend wird sein, dass wir über die Aneignung unserer Geschichte als revolutionäre Linke und der aktuellen Situationsbestimmung zu nach vorne gerichteten konzeptionellen Entwürfen und deren Umsetzung kommen.

Euer Kongress kann, wenn es zu einem Zusammentragen der (Teil-)Ergebnisse kommt, den Diskussionsprozess innerhalb der revolutionären Linken weiter stärken. Es ist immer wieder bedauerlich, wenn die erarbeiteten Thesen und vorgetragenen Vorstellungen In Schubladen landen und in Vergessenheit geraten. Ein derartiger Kongress, der nicht als ein isoliertes Einsprengsel daherkommt, kann Anknüpfungspunkte für die aktuelle Mülltanzdebatte herstellen. Es geht uns darum, Zusammenhänge und Beziehungen innerhalb der Diskurse der revolutionären Linken einzugehen.

Der große Haken war bisher, dass die verschiedenen Anläufe für eine solche analytische Aufarbeitung stets In ihren Anfängen stecken geblieben sind. Einen Gegentrend konnte bisher die mehrjährige Mülltanzdebatte einleiten. Deshalb hoffen wir umso mehr, dass Euer Kongress kein auf einige wenige Tage begrenztes Strohfeuerchen der Diskussion war, sondern innerhalb der Militanzdebatte eine Fortsetzung findet.

Wir teilen Eure Absicht, mit diesem Kongress „dazu bei(zu)tragen“ der offiziellen Geschichtsschreibung und dem (ver)öffentlich(t)en BILD über die Stadtguerillabewegung in der BRD eine linke Alternative entgegenzusetzen“. Ebenso stimmen wir völlig mit Euch überein, dass „eine Analyse der Errungenschaften und Fehler der 68er- und der Stadtguerillabewegung aus linker Perspektive überfällig (ist)“. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, „die wirklichen Beweggründe der Aktivistinnen zu vermitteln“, um die kollektive Aufnahme des bewaffneten Kampfes begreifbar machen zu können. Dabei ist selbstverständlich nicht auf das Heer der Distanziererlnnen und Abschwörerlnnen vom bewaffneten Kampf zu setzen, die Ihr Schäfchen ins Trockene gebracht haben, sondern auf Jene Genossinnen, die ihre vergangene Politik nicht nachträglich mit Dreck bewerfen.

Wir finden Euren Ansatz sehr richtig, wonach „(sich) die Frage der Umsetzung revolutionärer Ideen durch die Anwendung von Gegengewalt für jede/n stellt, der/die sich als links versteht“. Es geht um keine Diskreditierung revolutionärer Gewalt, denn um ihre situationsbedingte und reflektierte Ausführung. Diese Form revolutionärer Gewalt wird selbstredend im Kampf für die Abschaffung von Ausbeutung und Unterdrückung sowie für den Kommunismus eine maßgebliche Rolle spielen. Es ist historisch überliefert, dass sich der Kampf für den Kommunismus weder per Fingerschnippen noch durch überzeugende Worte führen lassen wird. Wie wir schon mehrfach betont haben, entspricht es der Logik der Klassenjustiz (und wir werfen es ihr auch gar nicht vor), dass sie dazu eingesetzt wird, das herrschende kapitalistische Akkumulations- und Regulationsregime in ihrem Bestand zu schützen, Es ist allerdings von „herrschender Seite“ ziemlich kleinkariert, darüber pikiert zu sein, wenn wir unsere zur Verfügung stehenden Kapazitäten einsetzen, um dazu beizutragen, einer klassen- und staatenlosen Perspektive den Weg zu öffnen. Das ist dann wohl der Antagonismus, der uns zu beschäftigen hat.

In unserem erwähnten Text zum Ermordungstag von Wolfgang Grams und unserem Serienbeitrag „Bewaffneter Kampf – Aufstand – Revolution“ haben wir bereits etliche Punkte und Fragen aufgeworfen, be- und in Teilen abgehandelt, die in Eurem zweigeteilten Kongress eine Rolle spielen sollten. Diese Ausführungen zu einer „aktivierenden revolutionären Geschichtsschreibung“, zu staatlicher Repression, politischen und/oder revolutionären Gefangenen und zu allgemeinen Definitionen klandestiner Politik wollen wir an dieser Stelle nicht wiederholen. Wir möchten uns in erster Linie, da derartige Kongresse und ihre Nachbereitung immer dazu dienen, neue oder verschüttete Fragestellungen an die Oberfläche zu befördern, mit einigen Gesichtspunkten der Theorie und Praxis des bewaffneten Kampfes näher befassen. Hierbei sollen vor allein zwei Aspekte im Brennpunkt stehen: zum einen die Frage der (historischen) Übertragbarkeit eines lateinamerikanischen (Stadt-)Guerillamodells auf westeuropäische Verhältnisse und zum anderen die Frage der möglichen heutigen Bedeutung einer Miliz, die sich innerhalb der (europäischen) ArbeiterInnenbewegung als Strukturmodell des bewaffneten proletarischen Selbstschutzes und taktisches bzw. strategisches Instrument der Machteroberung/-zersetzung etablierte.

Wir werden diese beiden Sachverhalte nur anreißen können. An dieser Stelle können nur einige Ideen und Fragen aufgeworfen werden, die um diese Thematik kreisen, Wir sehen eines allerdings in der Debatte um den bewaffneten Kampf und seine (Neu.)Bestimmung als zentral an: wir werden uns über die geografischen und zeitlichen Herkünfte verschiedener Guerilla-/Miliz-Modelle sowie deren Rolle für die heutigen sozio-ökonomischen Bedingungen (stückweise) Klarheit verschaffen müssen. Dazu sollen die folgenden Ausführungen beitragen.

Die Guerilla auf dem Land und in der Stadt

Bevor wir in großen Schritten einige Stationen des lateinamerikanischen (Stadt.)Guerilla-Modells nachzeichnen, müssen wir auf einen theoretischen wie praktischen Vorkämpfer des ländlichen (ruralen im Gegensatz des städtischen, urbanen) Guerillakampfes zu sprechen kommen: auf Mao Tse-tung. Seine zentralen Thesen eines Guerillakampfes in einem verlängerten Befreiungskrieg, der in den inneren Kampflinien des feindlichen Terrains zu führen und mit dem Kampf einer aufzubauenden regulären roten Armee zu verbinden ist, wollen wir gleich blitzlichtartig vorausschicken. Des weiteren werden wir in aller Kürze Che Guevaras und Regis Debrays Ausführungen zum Guerillakampf in einer ländlich geprägten Umgebung streifen. Dabei werden wir versuchen die sog. Fokus-Theorie knapp darzustellen.

Hinsichtlich eines Stadtguerilla-Ansatzes werden wir selbstredend auf die MLN-Tupamaros (Bewegung der Nationalen Befreiung – Tupamaros) in Uruguay, aber auch auf die ALN (Aktion der Nationalen Befreiung) Marigheias in Brasilien und den MIR (Bewegung der Revolutionären Linken) in Chile zu sprechen kommen.

Definition von Guerillapolitik anhand der Guerilla – bzw. Partisanenkriegslehre bei Mao Tse-tung

Interessant ist zunächst einmal der schlichte Sachverhalt, dass die radikalisierenden Teile des 68-Aufbruchs, die sich eine bewaffnete Perspektive vorstellen konnten, den Blick ins ferne China und Südamerika lenkten. Es hätte Ja durchaus geografisch und „politisch-kulturell“ näher liegende Alternativen gegeben, wie wir im Miliz-Kapitel zeigen werden.

Wenn wir uns mit verschiedenen Guerillaprojekten in der BRD beschäftigen wollen, kommen wir nicht umhin, die historischen Vorläufer in anderen Regionen der Welt zu berücksichtigen. Die RAF oder andere bewaffnete Formationen sind nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern orientierten sich an praktischen und organisatorischen Beispielen anderswo, die zum Teil als Blaupausen für den eigenen Strukturaufbau hergenommen wurden. Wir werden an dieser Stelle nicht die Guerillaprojekte der BRD diskutieren, sondern einen Beitrag beisteuern, um deren Entstehung und Existenz überhaupt verstehbar zu machen.

Eingangs sollte man sich darauf verständigen, was unter einer „Guerilla“ zu verstehen ist. Denn unter diesem Begriff firmieren ja sehr unterschiedliche Modelle: Stadt- und/oder Landguerilla, sozialrevolutionäre Basisguerilla, antiimperialistische Metropolenguerilla‘ Fabrik- und/oder Betriebsguerilla, Frauenguerilla‘ Guerilla-Partei, Partei/Front/Guerilla/Armee, Spaßguerilla‘ Kommunikationsguerilla, „guerilla diffusa“ der Italienischen Autonomia, (staatliche) Konterguerilla etc. Selbst im pop-kulturellen Bereich oder im kapitalistischen Marketing ist von „Guerillamethode“ zu hören, wenn es um das Erzielen von vermehrter (absatzträchtiger) Öffentlichkeit geht. Daneben gibt es auch verschiedene ähnlich gelagerte Zuschreibungen zum Begriff „Guerillakampf“ wie „Partisanen-“ oder „Freischärlerkampf“. Man kann unschwer erkennen, dass das Etikett „Guerilla“ zum Teil wahllos und „zweckentfremdend“ verwendet wird und vieles seiner ehemaligen Eindeutigkeit eingebüßt hat.

Wir werden es in diesem Text nicht schaffen, die einzelnen „Guerilla-Modelle“ eingehend zu differenzieren, das würde diesen Beitrag völlig überfrachten. Er ist auch an diesem Punkt mehr als eine „Appetitanregung“ zu verstehen. Eine detailliertere Ausarbeitung wird dann erfolgen, sofern dieser Ausschnitt eines „komplexen revolutionären Aufbauprozesses“ aufgegriffen und konkretisiert werden sollte.

Nichtsdestotrotz können einige Lehrbuchmeinungen und Definitionen aus der Praxis herangezogen werden, die das Phänomen „Guerilla“ charakterisieren. Der aus dem Spanischen stammende Begriff „Guerilla“, der sich vom spanischen Wortstamm „Guerra“ (Krieg) ableitet, heißt übersetzt schlicht und einfach „kleiner Krieg“. Es lassen sich – wie eben erwähnt – irritierenderweise einige Synonynne für den Begriff Guerillakrieg finden, etwa Partisanenkrieg, Freischärlerkrieg oder irreguläre Kriegsführung. Die Begriffsvielfalt bzw. -verwirrung wird dann komplett‘ wenn in den übersetzten militärtheoretischen und -historischen Schriften Mao Tse-tungs mal von Guerilla- und mal von Partisanenkrieg die Rede ist.

Halten wir uns der Einflachheit wegen an jene Attribute, die einem Guerillakrieg eigen sind. Dabei lässt er sich am besten von der „regulären“ Kriegsführung eines (staatlichen) Heeres unterscheiden: In einem Guerillaverbund wird die Kampfdisziplin weniger (bzw. nicht) durch Zwang, blinden Gehorsam, finanzielle Anreize oder staatliche Huldigungen erzeugt, sondern durch die ideologische Überzeugung und das persönliche Interesse, einen als erdrückend erfahrenen gesellschaftlichen Zustand aufheben zu wollen.  Der subjektive Faktor“ ist hier eine wesentliche, selbstverständlich nicht die einzige, Antriebsfeder.

Mehr als in der regulären Kampfführung kommt es im Guerillakampf auf die Flexibilität, Manövrierfähigkeit und Elastizität an. Aus diesen Attributen folgt, dass die Guerilla in Gefechtssituationen in der Regel einen offensiven Charakter annimmt. Sie hat dabei die günstigen Momente der punktuellen zahlenmäßigen Stärke, der Kenntnisse des Terrains etc. in einem Überraschungsangriff zu bündeln. Diese Nadelstichaktionen hinter den feindlichen Linien sollen bspw. Nachschubwege des militärischen Gegners sabotieren und damit die eigenen regulären Verbände, falls sie vorhanden sind, tatkräftig unterstützen. Zudem erhöhen gelungene Geniestreiche“ der Guerilla die (Kampf-)Moral innerhalb der Bevölkerung und demoralisieren auf lange Sicht den Feind, der nicht nur auf den äußeren Kampflinien zu tun mal, sondern dem das sicher geglaubte „eigene Hinterland mehr und mehr entzogen wird. „Wir werden“, so Mao, „das Hinterland des Feindes zur Front machen und ihn zu unablässigen Kämpfen in diesem ganzen Gebiet zwingen“ (in: Strategische Fragen im Guerillakrieg gegen Japan).

In der konventionellen Kriegsführung erfolgt in der Regel eine Trennung zwischen kämpfender Truppe und der Zivilbevölkerung. Komplett anders bei der Guerilla: sie muss (wohlgemerkt in Schritten) auf eine Verschmelzung mit den unterdrückten Teilen der Bevölkerung setzen. Sie findet hier ihren Schutzraum und ihr Rekrutierungsreservoir. Nicht umsonst kam Mao zu der bekannten Redewendung, wonach sich der/die GuerillakämnpferIn „wie ein Fisch im Wasser bewegen“ muss, um dauerhaft überleben zu können. Jeder basislose Guerillakampf, der ohne Sympathie in der Bevölkerung bleibt und keine Stützpunktgebiete aufbauen kann, unterliegt über kurz oder lang. In diesem Zusammenhang spricht Mao davon, „die Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen“ (in: über die Berichtigung falscherer Ansichten in der Partei) zu überwinden, die keinen strukturierten Guerillakampf, der auf die Errichtung der „roten Macht“ eine gezielte Erweiterung der eigenen Kampfverbände und einen geduldigen Massenkampf setzt, zuließe.

Eine konventionelle staatliche Armee ist ein Instrument der imperialistischen Expansion; es geht vorrangig darum, den Krieg in ein fremdes Land zu tragen. Eine Guerilla ist dagegen als kämpfende Einheit im Grunde nur innerhalb des eigenen nationalstaatlichen Rahmens vorstellbar. Es geht entweder um die bewaffnete Auflehnung gegen eine Okkupationsmacht oder um einen Befreiungskampf gegen die eigenen Herrschaftseliten m Land. In vielen Ländern, im denen sch Guerilla. und Befreiungskämpfer etablieren konnten, kamen oft die sozialrevolutionäre/antoligarchische sowie die antiimperialistische/internationalistische Komponente zusammen (China in den langen Phase des Befreiungskampfes von 1926 bis 1949 ist hierfür eines der beeindruckendsten Beispiele). Es ist in diesem Zusammenhang ein typisches Erkennungsmerkmal eines bevorstehenden Guerillakampfes, wenn aufgrund der Stärke der Okkupationstruppen ihnen weite Teile des eigenen Landes weitgehend kampflos überlassen werden, um dann mit den Methoden des „Kleinkriegs“ die feindliche Übermacht zu traktieren (siehe den Irak!).

In einer „regulären“ Kriegsführung wird üblicherweise darauf geachtet, den Krieg kurz zu halten. Ein (verlustreicher) Krieg, der eventuell zum Bröckeln der „nationalen Euphorie“ an der Heimatfront führt, muss ein Ausnahmezustand sein. Der Guerillakrieg zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, das er auf Zeit setzt. Er ist aufgrund seiner geringen (militärischen) Kräfte nicht in der Lage, eine Gesamtentscheidung auf die Schnelle herbeizuführen. Das würde unweigerlich in einem Desaster enden. Statt dessen ist der Guerillakrieg als ein Dauerzustand angelegt. Es soll auf der einen Seite der Feind zermürbt und ermattet werden. Auf der anderen Seite, wenn der Feind deutliche Abnutzungsspuren aufweist, schlägt die Stunde der Guerilla, die sich sukzessive in einen mobilen Volkskrieg erweitert. Dennoch verkennt Mao nicht, dass es eine Initialzündung für den (entscheidenden) Aufschwung des revolutionären Kampfes geben kann, die sich aus den explosiven sozio-ökonomischen Situationen ergeben kann. „Ganz China“, so Mao, „ist voller Zündstoff, der bald in Flammen aufgeben wird. „Aus einem Funken kann ein Steppenbrand entstehen“„ (in: Aus einem Funken kann ein Steppenbrand entstehen).

Ein weiteres und mit dem davor zusammenhängendes Kriterium des konventionellen Krieges ist es, diesen nicht durch alle denkbaren Eskalationsstufen durchzufechten. Eine rasche, kriegsentscheidende militärische Konfrontation soll gesucht werden, um reversible Vor- und Zwischenentscheidungen zu umgehen. Kein risikoreicher Dauerfeldzug ist die Maxime, sondern idealerweise ein „Blitzkrieg“. Die Aufgabe der Guerilla ist dagegen, jeder Entscheidung so lange geschickt auszuweichen, bis sich das Blatt langfristig zu Gunsten der Guerilla verändert hat oder in einer momentanen Situation eine Übermacht vorhanden ist. Nur wenn der punktuelle militärische Erfolg nach Lage der Dinge sicher scheint, wird losgeschlagen. D.h., es ist oberste Maxime, mit seinen eigenen (menschlichen und materiellen) Ressourcen unbedingt sorgsam umzugehen.

Kompakt zusammengefasst schreibt Mao, dass „unentbehrliche Vorbedingungen für die Vernichtung des Gegners die Unterstützung durch die Bevölkerung ein günstiges Gelände, eine verwundbare feindliche Streitmacht und der Vorteil der Überraschung (sind)“ (in: Strategie des chinesischen revolutionären Krieges).

Ein Befreiungskrieg als langwieriger, verlängerter Krieg durchläuft mehrere Stadien: „Das erste Stadium umfasst die Zeit der strategischen Offensive das Feindes und unsere strategische Defensive. Das zweite Stadium wird die Zeit umfassen, in welcher der Feind eine strategische Konsolidierung vornimmt‘ während wir uns auf die Gegenoffensive vorbereiten. Das dritte Stadium wird die Zeit unserer strategischen Gegenoffensive und des strategischen Rückzugs der Japaner sein“ (Tse-tung, Mao: Über den verlängerten Krieg).

Generell sieht Mao die sicherste Methode der Umkrempelung der Herrschaftsverhältnisse im bäuerlich-ländlich geprägten China in der „Einkreisung der Städte durch das Land“. Im Verlauf des beharrlich geführtem revolutionären Kampfes werden die Städte von den Dörfern aus eingekreist, um dann allmählich zur Eroberung der Städte und zur Erringung des Siegs im Landesmaßstab voranzuschreiten.

Mao weist, wie übrigens alle hier zu Wort kommende Praktiker des „Kleinkrieges“, dem Guerillakampf eine strategische Bedeutung zu. Mao macht zwar klar, dass im antiimperialistischen Widerstandskrieg die reguläre Kriegsführung den ersten und der Guerillakampf den zweitem Rang einnimmt. Dennoch sieht er aufgrund der Besonderheiten des chinesischen revolutionären Krieges gegen die japanischen Okkupanten den Guerillakampf über die taktische Ebene hinausgehend und unter strategischern Gesichtspunkten. Zum einen aufgrund der geografischen Größe und militärischen Schwäche Chinas und zum anderen aufgrund des Charakters als langwieriger, verlängerter Befreiungskrieg, in dem die Guerilla in weiten Gebieten nicht nur Gefechte auf den inneren Kampflinien zur Unterstützung der regulären Truppen, sondern eigenständige Operationen auf den äußeren Kampflinien führt, verlässt der chinesische Guerillakrieg die Grenzen der Taktik und betritt den Bereich der Strategie. Die erklärte Zielsetzung des Guerillakampfes ist es, eigene Stützpunktgebiete und Guerillazonen soweit wie möglich auszudehnen und die kontrollierten Gebiete des japanischen Imperialismus und der reaktionären Verbände von Tschiang Kai-scheck zu minimieren. Nach Mao „ist (das) die strategische Aufgabe der Guerillakriegsführung“ (in: Strategische Fragen im Guerillakrieg gegen Japan).

Diese Kriterien eines Guerilla- oder Partisanenkampfes innerhalb eines antifeudalen und antiimperialistischen Befreiungskrieges sind charakteristisch für den Revolutionsverlauf bis zur Gründung der VR China 1949. Diese Kriterien sind aber exemplarisch für jeden Guerillakampf und finden sich in der einen oder anderen Nuance in jeder (militärischen) Auseinandersetzung in der die eigenen Kräfte schwach sind und die des Gegners ungleich stärker.

Che Guevara und Regis Debray – die Guerilla als Fokus

Nun ist bekannt, dass diese schematische Gegenüberstellung dadurch beeinträchtigt wird, dass Staaten ihre konventionelle Kriegsführung durch Elemente des Partisanenkampfes (z.B. Kommando Spezial Kräfte der Bundeswehr) ergänzen, oder aber – wie im Falle des „langen Marsches“ in China – der „irreguläre Guerillakrieg“ in einen „regulären“ einer roten Armee hinübergleiten sollte. Mit dieser Frage können wir uns an dieser Steile nicht weiter befassen. Wir wollen jetzt den Blick auf zwei weitere, sehr wichtige und bekannte Vertreter ruraler Guerillakonzeptionen richten: auf Che Guevara und Regis Debray.

Che ist im Laufe der Jahrzehnte wahrhaft zu einer stilisierten Pop-Ikone verkommen. Seine Beiträge für den revolutionären Kampf werden dabei oft geflissentlich beiseite gelassen. Wir werden nachfolgend seine zentralen Thesen und Praxiserfahrungen aus dem Guerillakampf und der siegreichen kubanischen Revolution komprimiert vortragen.

Bei Che ist der Guerillakampf wie bei Mao, dessen militärtheoretischen und- politischen Schriften er erst 1958 in der Sierra Maestra kennen lernte, eine Etappe im Aufbau regulärer revolutionärer Streitkräfte: „(...) der Guerillakrieg (ist) nur eine Etappe eines Krieges regulärer Streitkräfte, und deshalb kann durch den Guerillakrieg allein die Entscheidung nie errungen werden“ (in: Der Guerillakrieg). Militärische Erfolgsaussichten sieht Che nur in der „Bildung eines Volksheeres“ (in: Guerillakrieg – eine Methode), denn „der Unterdrückungsarmee (...) muss man eine Volksarmee entgegenstellen“ (ebd.).

Der als langwierig und blutig prognostizierte Guerillakrieg mit seinem strategischen (die Vernichtung der feindlichen Armee als Endziel) und taktischen (eine bewegliche, variable Kampfführung) Elementen wird von Che als „eine Kampfmethode zur Eroberung der Macht“ (ebd.) interpretiert. Der einheitlich politisch-militärisch geführte Guerillakampf darf seine „Funktion als Avantgarde des Volkes“ (ebd.) hinsichtlich der Errichtung der revolutionären Macht niemals einbüßen. In der zitierten zentralen Schrift Guerillakrieg - eine Methode“ unterstreicht Che, dass „der Guerillakrieg ein Volkskrieg (ist), ein Massenkampf (ist). Diese Art von Krieg ohne die Unterstützung der Bevölkerung verwirklichen zu wollen, ist der Auftakt zu einer unvermeidlichen Katastrophe“.

Diese avantgardistische Herangehensweise spiegelt sich im Guerillamodell wider, und zwar in dem Modell der Etablierung eines Guerillafokus (Guerilla(brand-)herd) als Ausgangspunkt eines fortschreitenden Ausbaus der revolutionären Macht. Aus der kleinen bewaffneten Kerngruppe soll (idealtypisch) über einen Prozess der Verankerung in dem vorher festgelegten günstigen Kampfterrain eine kontinuierliche Ausweitung in logistischer, praktischer und organisatorischer Hinsicht erfolgen. Für das Überleben einer Guerillaeinheit sind nach Che jeweils „dauernde Beweglichkeit, dauernde Wachsamkeit, dauernder Argwohn“ (ebd.) entscheidend. Che hebt an verschiedenen Stellen den subjektiven Faktor für die Entschlusskraft der RevolutionärInnen hervor, ohne ihn selbstverständlich zu verabsolutieren.: „Entscheidend ist die Kampfentschlossenheit, die von Tag zu Tag heranreift; das Bewusstsein von der Notwendigkeit der revolutionären Änderung, die Gewissheit ihrer Möglichkeit.“ (ebd.).

Günstiges Gelände ist für Che in erster Linie der ländliche Raum (dichte Wälder, Felsgebirge, Wüsten, Sümpfe), in dem existenzielle Stützpunkte und Basen eingerichtet werden können. Che betont in diesem Kontext „die gewaltige Rolle der Landbevölkerung im Leben aller schwachentwickelten Länder Lateinamerikas“ (in: Der Guerillakrieg). Die städtischen Bedingungen (enges Terrain, starke, konzentrierte Repressionskräfte) sieht Che als wesentlich ungünstiger an: „Die eventuelle Zerschlagung dieser (urbanen, Anm. mg) Gruppen würde die Seele der Revolution, ihren Führungsstab nicht töten, der von seiner ländlichen Festung aus fortfahren würde, als Katalysator des revolutionären Geistes der Massen zu wirken“ (in: Guerilla- eine Methode). Die (vor-)städtischen Guerillaformationen mutieren bei Che allerdings nicht zum völligen Randphänomen, denn „die große Bedeutung des Guerillakampfes in den Vorstädten wird oftmals unterschätzt“ (in: Der Guerillakrieg). Die (vor-)städtischen Guerillaverbände unterliegen dem strikten Kommando der ländlichen Guerillakriegsführung und übernehmen für jene eine unterstützende Funktion bspw. Mittel bestimmter Sabotageaktionen. Die Bedeutung einer Stadtguerilla wächst erst dann, wenn die Operationen der revolutionären Kräfte derart ausgeweitet sind, dass die Eroberung der städtischen Ballungszentren auf der Agenda steht.

Aus dem positiven Verlauf der kubanischen Revolution, die ähnlich wie in China Phasen der strategischen Defensive, des strategischen Gleichgewichts und der strategischen Offensive durchlaufen hat, zog Cheverallgemeinerbare Schlüsse für den Lateinamerikanischen Kontinent: „1. können die Kräfte des Volkes im Krieg gegen eine reguläre Armee den Sieg davontragen; 2. muss man nicht immer warten, bis alle Bedingungen für eine Revolution herangereift sind, die Führung des Aufstands kann solche Bedingungen selbst schaffen; 3. muss der bewaffnete Kampf in den schwach entwickelten Ländern des lateinamerikanischen hauptsächlich in den landwirtschaftlichen Gebieten geführt werden“ (ebd.).

In dem Vorwort zum Buch „Volkskrieg-Volksarmee“ der vietnamesischen Befehlshabers während der französischen Besatzung in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, Giap, legt Che einen schematischen  Organisationsablauf des revolutionären Krieges vor. Die bewaffnete Propaganda des Guerillafokus ist demnach das erste Stadium. „Bewaffnete Propaganda“, so Che, „ist nichts weiter als die Anwesenheit bewaffneter Befreiungskämpfer an bestimmten Orten, mit der sie ihre macht und ihre Unbesiegbarkeit vorführen, eingetaucht ins große Meer des Volkes wie der Fisch ins Wasser“. Im zweiten Stadium, dem des Bewegungskrieges, treten kompaktere Einheiten in Aktion, die ganze Zonen befreit haben. Der letzte qualitative Sprung ist durch die Bildung einer Volksarmee gekennzeichnet, die selbst einen regulären Stellungskrieg aufgrund ihrer Konsolidierung mir dem feindlichen Heer nicht zu scheuen braucht.

Che musste im Zuge seines revolutionären Engagements in Bolivien Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts feststellen, dass seine Thesen des Fokus-Ansatzes selbst für den lateinamerikanischen Kontinent offensichtlich nur eine temporäre Gültigkeit hatte. Viele InterpretInnen der (lateinamerikanischen) Revolutionsgeschichte meinen, dass das Desaster in Bolivien das mit der Ermordung Ches sein Finale nahm, darauf hinweist, dass die kubanische Revolution keine kontinentale Allgemeingültigkeit besitzt, sondern nur unter ganz spezifischen historischen und nicht wiederholbaren Bedingungen stattfinden konnte. Die kubanische Revolution mit ihrem Fokus-Ansatz stellt demnach kein (nachahmenswertes) Beispiel dar, denn eine singuläre Laune der (Revolutions-)Geschichte.

Wir werden jetzt schnell über einige wichtige Textpassagen von Regis Debray fliegen, der als Mitkämpfer Ches in Bolivien, die Fokus-Theorie in seinem Buch „Revolution in der Revolution?“ weiterführend systematisierte, Wir verweisen nur darauf, dass Debray in seinem politischen Leben diverse Schwenks unternahm, die ihn u.a. am die Seite der sozialistischen Regierung unter Mitterrand in Frankreich brachte. Wir wollen lediglich darauf hinweisen, dass Debray bei Kenntnis des StadtguerillaModells der MLN-Tupamraros seine Ignoranz gegenüber urbaner Guerillapolitik abstreifte.

Kommen wir gleich auf die zentralen Passagen in dem Buch „Revolution in der Revolution?“ zurück. Um uns die politisch-militärischen Vorzüge des Guerillafokus nahe zu bringen, grenzt er diesen zunächst von anderem Ansätzen ab. dabei werden vier konzeptionelle Ausrichtungen einer Guerillapolitik (weitgehend) abgelehnt. Alle Resultate Dabrays leiten sich von denn Kampferfahrungen der siegreichen kubanischen Revolution ab. Debray weist dem Verlauf des Revolutionsprozesses in Kuba einen Modellcharakter für den lateinamerikanischen Kontinent zu. Er ist aber analytisch umsichtig genug, anzumerken dass „der bewaffnete Kampf auf jedem Kontinent und in jedem Land spezifische Bedingungen (findet)“ (alle Zitate, wenn nicht anders angegeben in: Revolution in der Revolution?).

Guerillapolitik lässt sich nach Debray nicht als eine „bewaffnete Selbstverteidigung“ konzeptionell auslegen, da sie hier lediglich eine defensive und taktische Rolle zugeschrieben bekommt. Ihre Agilität und Rolle als „Avantgarde des ganzen Volkes“ ist nur gewährleistet, wenn sie sich von „Aufgaben der Zivil- und Selbstverteidigung“ freimacht und zum mobilisierenden Gegenangriff übergeht. Allein dieser bildet einen Anziehungspunkt für die Massen und entwickelt den Fokus.

Debray widerspricht auch einer Guerillapolitik, die sich (anfangs) als „bewaffnete Propaganda“ definiert. Er sieht kein Entwicklungspotential der Guerilla, wenn diese in „kleine Propagandapatrouillen aufgeteilt“ wird und durch die Lande mit dem pädagogischen Auftrag marschiert, dem gemeinen Bauer die dringende ,Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes schmackhaft zu machen. Der Guerillafokus wäre nach Debray komplett missverstanden wenn er sich nur als ein „bewaffneter Agitator“ betätigen würde.

Im Gegensatz zu Mao hält Debray militärpolitisch in der ersten Phase das Guerillakrieges in Lateinamerika nichts von der Errichtung von Stützpunkt(gebieten) und Guerillabasen. Er sieht die „beste Waffe“ des Guerillafokus bei diesem Ansatz in Gefahr: die territoriale Beweglichkeit. Das sich selbst Einschließen in deiner Kampfzone, zu der jede lokalisierte Basis werden würde spielt der feindlichen Armee  und ihrer dann konzentrierten Schlagkraft nur in die Hände. Das vorrangige Ziel ist demnach nicht die Schaffung von statischen Basen, sondern „die Zerstörung der feindlichen Streitkräfte“ und „vor allem die Erbeutung von Waffen“.

Debray spricht sich vehement gegen eine  Guerilla aus, wonach diese lediglich ein „bewaffneter Arm einer politischen Befreiungsfront ist. Ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis gegenüber der politischen Ebene einer Gesamtorganisation bedeutet, dass die militärischen Einheiten nicht aufgrund der spezifischen Bedingungen vor Ort handeln könnten, sondern auf Direktiven aus der politischen Zentrale zu warten hätten. Für Debray „versteht (es) sich von selbst, dass die militärischen Pläne von denen erstellt werden müssen, die sie auch auszuführen haben (...)“.

Wir haben jetzt einiges gehört, was der Guerillafokus nach Debray in seiner Schrift „Revolution in der Revolution?“ nicht zu sein hat. Fragen wir nun, was ihn denn vor allem organisatorisch auszeichnet Vereinfacht ausgedrückt und den Fokusansatz unter Laborbedingungen betrachtend, versucht sich ein militärischer Zündherd (der Fokus) in einem ländlichen Gebiet festzusetzen Dieser von außen kommende Fokus organisiert sich unabhängig jedweder politischer Einflussnahme eventueller städtischer politischer Strukturen. Dieser Fokus soll mit seinen exemplarischen bewaffneten Aktionen sukzessive an Sympathie, Kraft und Stärke gewinnen, bis aus der sich entwickelnden Guerillabewegung eine Volksarmee herausbildet, die vom Lande kommend in der Lage ist, die Städte der herrschenden Regierungsgewalt einzunehmen D.h. u.a., dass über den militärischen Sektor infolge der erzielten Siege der politische aufgebaut wird, „die Avantgardepartei kann in der spezifischen Form des Guerillafokus existieren. Die Guerilla ist die Partei in ihrer Anfangsphase“. Folgerichtig geht es zuerst um „die Gründurig militärischer foci und nicht Politischer „loci‘„. Die Klammer des „militärischen Focus“ zum Politischen wird nach Debray dadurch geschlossen,  dass der Guerillakrieg an und für sich ein politisches Endziel verfolgt: die Heranziehung der Massen, um einen Umsturz herbeizuführen. Debray unterstreicht die Bedeutung der Massen, „da die Guerilla nicht siegen (kann) ohne deren aktive und organisierte Teilnahme“. Die militärische Aufgabenstellung (Sieg über die feindlichen Streitkräfte) steht im Dienst der politischen Zielsetzung (Sturz des Regimes). Die Organisierung des Guerillaherdes in Bolivien durch Che und einige Dutzend Mitkämpfer sollte das Fanal für eine „Kontinentalisierung“ der fokistischen Praxis setzen, Die Fokus-Theorie beanspruchte eine Beispielfunktion, die über Kuba hinausgehen sollte.

Die Fokus-Theorie Debrays konzentriert sich noch expliziter als bei Che auf den ländlichen Raum. Der (militärischen) Aktivität in der Stadt wird (vor dar umfassenden Landnahme der Guerilla) keinerlei Chance gegeben, „da die städtische Guerilla auf einem bestimmten, von Natur aus begrenzten Gebiet operiert, kann man sie leicht fixieren. In der Tat hat sie weder die Wahl des Zeitpunktes noch des Ortes“ (in: Der Castrismus: Der lange Marsch Lateinamerikas).

Es ist hier nicht möglich, die inhaltliche und praktische Kontroverse um den Fokus-Ansatz nachzuzeichnen. Debray stellt später mit einer gewissen Verbitterung fest, dass man „wenigstens als Abflussrohr und Kloake gedient“ (in: Kritik der Waffen) habe.

Debray hat selbst eine gründliche Revision seiner Fokus-Theorie vorgenommen, die allerdings zum Einstieg der Absage an den bewaffneten Kampf überhaupt wurde. Dennoch ist es lohnend, sich mit seneim Resümee des fokistischen Projektes zu beschäftigen. Von einem solchen Projekt ist zu sprechen „insofern es a) auf keine bereits vorhandene politische Organisation aufbaute und darum auch von Anfang an des minimalsten ideologischen und politischen Zusammenhalts entbehrte; b) unfähig war, politische und menschliche Bande zu den Anwohnern zu knüpfen, in deren Gebiet es gleichsam „mit dem Fallschirm“, ohne Voruntersuchrungen und Vorarbeiten, „niedergegangen“ war; und c) mangels Verknüpfung auch mit der arbeitenden Bevölkerung der Städte dazu verführt wurde, die nationalen Massenkämpfe zu vernachlässigen, gerade als sie sich bis zur Krise zuspitzten (...)“ (ebd.).

Die MLN-Tupamaros, die ALN und der MIR – zum Konzept einer Stadtguerilla

In den vorangegangenen Abschnitten dieses Textes wurden die Pluspunkte des ländlichen raums für die Aufnahme des bewaffneten Kampfes in der Form einer Guerilla dargestellt und in teilen besprochen. Wir bleiben schwerpunktmäßig in Lateinamerika. Das, was sich allerdings ändert, sind die Vorzeichen, unter denen eine Guerilla strukturiert wird.

Wir werden uns jetzt mit drei Guerillaorganisationen kurz und bündig befassen, die die Vorzüge der Kampfbedingungen, die angeblich nur das ländliche Terrain vorweisen können, auf den städtischen Dschungel übertragen. Beim MIR ist die Einschränkung vorauszuschicken, dass sich die Organisation am stärksten von beginn an für eine Synthese des urbanen und ruralen (bewaffneten) Kampfes einsetzte.

In einem etwas längeren Zitat, das vornehmlich die brasilianischen Verhältnisse im Blick hat, werden die ausschlaggebenden Motive für eine Stadtguerilla repräsentativ benannt: „Erstens war es im Anfangsstadium der Bewegung notwendig, sie (die Stadtguerilla, Anm. mg) schlagartig bei den Massen und der Regierung bekannt zu machen. Um das zu erzielen, musste man in die größeren Städte gehen, den Zentren der Macht und Entscheidurig. Ein Sieg über eine Einheit des Heeres irgendwo in der Einsamkeit des Landesinnern würde die Phantasie des Volks nur wenig, wenn überhaupt, beschäftigen. Ein noch so kleiner Sieg in Rio- oder Sao Paulo hingegen würde niemals ganz verborgen gehalten werden können. Die Wirksamkeit einer „Bewaffneten Propaganda“ bedarf städtischer Guerilla.

Zweitens, da die dynamische Entwicklung des Kapitalismus in Brasilien große Armeen von Arbeitslosen als Reserve in den Barackenstädten unterhalten muss, übernehmen diese Barackenstädte ganz automatisch die Funktion des Landes, welches die Städte einschließt (...) Drittes und Wichtigstes in der gegenwärtigen Phase ist die Tatsache, dass die städtische Abstammung der Mehrzahl der ersten Kämpfer es praktisch unmöglich machte, sich für eine Austragung des Kampfes auf dem Land zu entscheiden. Ein Student, ein Arbeiter, ein Soldat auf dem Land sind bereits aus meilenweiter Entfernung erkennbar. In dem Meer von Menschen ist er der verfaulte Fisch. In der Stadt, ob in der eigenen oder in einer fremden, ist das anders. Seine Jagdgründe sind die Straßen, er kennt sie, ist aber selbst dort unbekannt“ (Alves, Marcio M.: Zerschlagt die Wohlstandsinseln der Dritten Welt?). Sozio-ökonomische, allgemein geografische und spezifisch städtebauliche Gründe führen dazu, dem Aufbau der Guerilla in der Urbanität den Vorrang vor einem ländlichen Fokus zu geben. D.h., die eben genannten vorgefundenen Bedingungen und Verhältnisse legen den territorialen Ausgangspunkt des bewaffneten Kampfes fest. Von den städtischen Kathedralen aus hat sich der bewaffnete Antagonismus auf das gesamte Territorium des Staates auszubreiten.

Auch die MLN-Tupamaros können aufgrund ihrer geografischen Begebenheit nur zu folgendem Schluss kommen: „In unserem Land haben wir keine geeigneten Gegenden für einen Guerilla-Fokus (...) Stattdessen besitzen wir einen großen städtischen Bereich (...) Das macht die Entwicklung eines städtischen Kampfes möglich“ (zit. In: Nunez, C.: Die Tupamaros).

Auch wenn die ALN aufgrund der als günstig analysierten städtischen Bedingungen den Guerillakampf dort vorbereitet und auslöst, folgt die Landguerilla dem urbanen bewaffneten Kampf. Marighela konstatiert dieses Konzept in seinem Interview: „Die Situation auf dem Land ist bedeutend ungünstiger. Die Landguerilla muss also später ausgelöst werden als die Stadtguerilla, die vor allem taktisch vorgehrt“ (in: Interview zum „Revolutionären Krieg“). Nach Marighela entspricht es den Bedingungen Brasiliens, sich nicht nur in den Ballungszentren am Atlantik zu verankern, sondern sich in die Weite des brasilianischen Hinterlandes politisch-militärisch auszudehnen, um einen Revolutionsprozess erfolgreich zu Ende bringen zu können.

Selbst die MLN-Tupamaros können der ländlichen Tristesse eine gewisse Bedeutung für den revolutionären Kampf beimessen. Zum einen bietet der ländliche Rauen Verstecke für zeitweiligen Unterschlupf und Vorbereitungsmaßnahmen für den bewaffneten Kampf, zum anderem „können durch den Kampf auf dem Land die Kräfte der Repression doch abgelenkt und zersplittert werden“ (Zit. In: Nunez, C.: Die Tupamaros) die ländliche  Region kann in Uruguay aufgrund der territorialen Begrenztheit und der erdebenen Fläche nur eine geringe Bedeutung für den revolutionären Kampf einnehmen,

Von den drei hier skizzierten revolutionären Organisationen ist der MIR diejenige, bei der wir – wiederum Ergebnis der spezifischen sozio-ökonomischen und geografischen Konstellationen – am ehesten eine Parallelität des städtischen und ländlichen (bewaffneten) Kampfes finden. Das Ziel des MIR liegt in der Erkämpfung einer „revolutionären Regierung der Arbeiter und Bauern“ (In: Unser Programm ist das Programm der sozialistischen Revolution). Dem MIR gehrt es – formuliert in einem Manifest – um den Aufbau „einer nächtigen Massenbewegung auf dem Land und in der Stadt“, aus diesem breiten „Volkswiderstand“ ist das „revolutionäre Volksheer“ zu entwickeln, das einen „lang andauernden Volkskrieg“ gegen das Putsch-Regime Pinochets zu führen hat.

Der MIR spricht in diesem Zusammenhang vom einer „militärischen Massenlinie“. „Möglichst große Teile der Arbeiterschaft sollen in die verschiedenen Formen des bewaffneten Kampfes einbezogen und auf diese Weise die revolutionäre Volksarmee aufgebaut werden, die einzige Kraft, die der reaktionären Armee entgegentreten und sie in einem langen, revolutionären Krieg schlagen kann, der sich in den Städten und auf dem Land ausbreiten wird“ (In: Unser Programm ist das Programm der sozialistischen Revolution).

Der MIR legt großen Wert darauf, dass sich die militärische Taktik der bewaffneten Propaganda nicht im Widerspruch zur „moralischen Verfassung dar Massen“ (ebd.) befindet, „deshalb werden unsere Militäraktionen immer direkt an die Verteidigung der konkreten Interessen der Massen gebunden, leicht einsehbar und verständlich für breite Schichten des Volkes sein und nicht nur für seine Avantgarde“ (ebd.). Die militärischen Aktionen sollen demnach nicht durch eine abstrakte Spektakularität gekennzeichnet sein, bei denen die Massen die staunenden aber teilnahmslosen ZuschauerInnen sind, sondern die Fähigkeit und Bereitschaft innerhalb der unterdrückten und ausgebeuteten sozialen Sektoren zum bewaffneten Kampf fördern (langfristiges Ziel des Aufbaus eines Volksheeres).

Die strategische Zielsetzung der proletarischen Revolution soll mittels „der Konstituierung der sozialrevolutionären Kräfte, die fähig sind, einen revolutionären Krieg zu beginnen“ (ebd.), umgesetzt werden. Dieses Ziel ist über drei taktische, aufeinanderfolgende Stadien zu erreichen: a) Schaffung der politischen Front das Volkswiderstandes (von progressiven ChristInnen bis zum MIR), Aufbau der Widerstandsbewegung des Volkes, die als Massenorganisation gegen die Militärjunta kämpft, Aufbau der ersten Keimzellen des revolutionären Volksheeres, b) allgemeine Auslösung der militärischen Taktik der bewaffneten Propaganda, c) offener, breiter revolutionärer Kampf in Stadt und Land gegen das faschistische Pinochet-Regime.

Bei den MLN-Tupamaros erhält der Guerillakampf eine eindeutig strategische Komponente: ,Bis zur chinesischen Revolution hatte die Stadtguerilla lediglich eine rein taktische Bedeutung; tatsächlich wird die Stadtguerilla in dieser Revolution „strategisch-militärisch“ wichtig, während einer ausgedehnten Periode des Kampfs kann sie das ganze Gewicht das Krieges tragen“ (in: Wir, die Tupamaros).

Der Guerillakampf kann sich aufgrund seiner strategischen Funktion auch nicht in ein elitäres, avantgardistisches Schneckenhäuschen zurückziehen: „(...) der Kampf der Guerilla wird (...) zum wichtigsten Instrument für die Politisierung der Massen. Ohne die Unterstützung des Volkes ist es für die Guerilla nicht möglich den Kampf aufzunehmen“ (ebd.).

Das Spannungsfeld zwischen dem Militärischen und Politischen wird von den MLN Tupamaros durch die Maxime zu lösen versucht, wonach „jede Guerilla, die praktisch im Herzen der Bevölkerung kämpft, in direktem Kontakt mit den Massen, einen politischen Krieg (führt)“ (ebd.). Die Tupamaros argumentieren gegen das Paradigma der legalistischen, moskauhörigen Kps, nach dem zuerst immer die politische Plattform einer Partei existieren muss, bevor Gedanken an den bewaffneten Kampf verschwendet werden können. Der bewaffnete Kampf kann die Massenbewegung, die zu einer revolutionären heranreift, beschleunigen und vorantreiben. Es geht mehr darum „revolutionäre Taten“ zu vollbringen als „revolutionäre Positionen“ einzunehmen.

Mit dieser „Motor-Funktion“ des bewaffneten Kampfes leugnen die MLN Tupamaros nicht, dass dieser in die politische Sphäre in einem bestimmten Stadium des revolutionären Prozesses eingebettet sein muss: „Jeder bewaffnete Apparat muss auf einer gegebenen Stufe des revolutionären Prozesses Teil eines politischen Apparates der Massen sein. Sollte ein solcher noch nicht existieren, so muss er aufgebaut werden“ (zit. In: Nunaz, C.: Die Tupamaros).

Die ALN überträgt der Guerilla mit ihrem „aktionistischen Konzept“ („Um revolutionär zu sein, muss eine Organisation dauernd revolutionäre Praxis treiben (...) Unsere Hauptaufgabe ist nicht der Aufbau einer Partei, sondern die Auslösung der revolutionären Aktion“, in ALN. Probleme der Organisation) ebenso eine strategische Funktion. Wörtlich heißt es: „Wir sagten, die Guerilla ist die einzig revolutionäre Strategie in Brasilien, deren Erfolg von drei Momenten abhängt: 1. Planung und Verbreitung der Guerilla, 2. Auslösung der Guerilla, 3. Umwandlung der Guerillakämpfe in einen begrenzten Krieg und Bildung der Nationalen Revolutionären Armee“ (in: ALN. Die Rolle der revolutionären Aktion beim Aufbau der revolutionären Organisation). Über die Strategie des Guerillakampfes soll die staatliche Macht der Großkapitalisten und Großgrundbesitzer in Brasilien erobert und der Einfluss des Imperialismus gebrochen werden. „Das bewaffnete Volk mit einer revolutionären Volksregierung an der Spitze“ (ebd.) wird stattdessen den freigewordenen Platz einnehmen.

Die ALN will keine Diskrepanz zwischen militärischem und politischen Sektor aufkommen lassen: „Unsere militärische ist nicht von unserer politischen Linie getrennt und ist ihr nicht untergeordnet. Unsere Linie ist eine einheitlich revolutionäre Linie, die in sich die politische und die militärische Seite als zwei Seiten derselben Sache umfasst“ (in: ALN. Probleme der Organisation).

Nach dem bisher Gesagten, ist es einsichtig, dass die Guerilla im strategischen Sinne der ALN nicht als ein Ärmchen einer politischen Struktur ausgelegt wird. Demnach „(ist) die Guerilla nicht der bewaffnete Arm einer Partei oder einer Organisation. Die Guerilla ist das selbstständige politische und militärische Kommando der Organisation“ (ebd.).

Auch die ALN hat die Einbeziehung der Massen im Auge: „Es muss die ständige Sorge des Stadtguerilleros sein, sich mit der Sache des Volkes zu identifizieren, um dessen Unterstützung zu gewinnen“ (Marighela, C.: Handbuch des Stadtguerillero). An einer anderen Stelle schreiben sie, dass „unsere Einflusszone genau so weit (reicht )wie die Unterstützung des Volkes“ (in: ALN. Die Rolle der revolutionären Aktion beim Aufbau der revolutionären Organisation). Zudem sehen sie in der Raumöffnung durch exemplarische Aktionen bewaffneter Einheiten die Voraussetzung von Massenaktionen.

Der wechselseitige Bezug zu den unterdrückten und ausgebeuteten Massen gehört unwiderruflich zum Lebenselixier einer Guerilla, denn „der bewaffnete Kampf steht wie die soziale Revolution vor dem Dilemma, entweder um sich zu greifen oder zu erliegen“ (Debray, R.: Kritik der Waffen).

Die Miliz als bewaffnete Formation

Wir wollen uns jetzt in gedrängter Weise mit dem bewaffneten Kampf in der Strukturform einer Miliz beschäftigen. Dabei werden wir auf die Anfänge des proletarischen Selbstschutzes bei Marx und Engels eingehen und ganz knapp bürgerliche Miliz- und Volksbewaffnungsideen (z.B. Clausewitz) streifen. Des weiteren beschreiben wir die Miliz-Kontroverse zwischen Schippel und Luxemburg und beleuchten die Muster einer proletarischen Miliz bei Lenin und Frunse sowie einer Arbeitermiliz bei Trotzki.

Auch hier gilt wie bei den Kapiteln zur „Guerilla“, dass wir uns in einem schnellen (und in Teilen oberflächlichen) Ritt durch die Geschichte der bewaffneten Formation „Miliz“ bewegen werden, um die ganze Angelegenheit nicht zu überladen. D.h., wir werden einige wesentliche Auslassungen haben; die Rolle der Milizen im antifaschistischen Kampf gegen die Franco-Putschisten oder die bewaffneten Aufstände von der Novemberrevolution 1918/19 bis zum Versuch einer „deutschen Oktoberrevolution“ 1923 bleiben in diesem Text unberücksichtigt. Bei einer späteren Vertiefung dieses Themas, sofern sie stattfindet, werden wir das auf jeden Fall nachholen.

Miliz-Modelle bei Marx, Engels, Luxemburg und die bürgerlich- militärische Miliz-Auffassung bei Clausewitz

Grundsätzlich handelt es sich bei allen Miliz-Modellen um eine Form der „Volksbewaffnung“. Diese wird der „regulären“ Armee in Form der kasernierten stehenden Heere, die das innen- und außenpolitische Instrument der herrschenden Klasse sind, entgegengestellt. Dabei ist der Kreis, der unter die Kategorie „Volk“ oder „Unterklassen“ fällt, in den einzelnen Modellen zum Teil sehr unterschiedlich (mal nur überwiegend Bürgerliche, mal nur waschechte ProletarierInnen, mal breite verarmte ländliche und städtische Bevölkerungsgruppen etc.). Miliz-Verbände können die vollständige Ersetzung der stehenden Heere bedeuten, d.h. Die stehenden Heere werden in Etappen (in Milizen) überführt, oder sie stellen eine Ergänzung der „regulären Armee“ dar, die „Hilfsfunktionen“ (im Kriegsfalle sollen sie bspw. partisanenartig hinter den Linien agieren) zu erfüllen  hat.

„Miliz“ kann und darauf kommt es uns besonders an, ein Modell der „Revolutionsherbeiführung“ sein. Zum einen  resultierte die Milizforderung innerhalb des Proletariats aufgrund der Ablehnung der herrschenden stehenden Heere, die oft genug ArbeiterInnenstreiks- und Aufruhre blutig niederschlugen. Zum anderen ist die Miliz als proletarische bewaffnete Formation die direkte Fortsetzung des politisch geführten Klassenkampfs mit anderen Mitteln.

In „Friedenszeiten“ kann die Miliz ein Modell sein, um externe Expansionen (Kolonialismus) gar nicht erst möglich zu machen. Die Miliz kann ebenso als ein Beitrag einer wehrhaften Gesellschaft konzipiert sein (alle haben – wie beim Schweizer Milizmodell – ihre Flinte unterm Kopfkissen, denn man weiß ja nie ...).

Ähnlich wie bei der „Guerilla“ finden wir bei der „Miliz“ eine verwirrende Fülle von Bezeichnungen: Volksmiliz, Arbeitermiliz, proletarische Miliz, proletarische Garde, Volkswehr, sozialistische Volkswehr, Landwehr, Landsturm, Freischar, Mobilgarde, Freiwilligen-Brigade, Bürgermiliz, Bürgerwehr, Kommunalgarde, Nationalgarde.

Faktisch alle in diesem Text aufgeführten Autoren schwanken in ihren Texten in den Bezeichnungen dessen, was wir vereinfachend unter dem Oberbegriff „Miliz“ zusammenfassen. Eine genaue inhaltliche und organisatorische Abgrenzung allein der proletarischen und sozialistischen Miliz-Kategorien, die im wesentlichen alle auf eine Selbstbewaffnung zielen und ein Instrument des bewaffneten Kampfes darstellen, ist mangels eindeutiger Differenzen kaum möglich.

Um uns nicht doppelte Arbeit zu machen, wiederholen wir bezüglich der Garde/Milizvorstellungen bei Marx und Engels einen kleinen Abschnitt aus unserem Beitrag „Bewaffneter Kampf – Aufstand – Revolution bei den KlassikerInnen des Frühsozialismus, Kommunismus und Anarchismus“:

Die Erfahrungen der Jahre 1848/49 führten auch dazu, dass Marx und Engels zu allgemeineren Aussagen über aufstandstheoretische und revolutionsgeschichtliche Fragen kamen. Beide plädierten dafür, dass sich das Proletariat nicht „zum Anhängsel der offiziellen bürgerlichen Demokratie“ machen dürfe und stattdessen „eine selbstständige geheime und öffentliche Organisation der Arbeiterpartei“ (Marx/Engels: Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850, MEW 7, S. 248-249) bilden müsse. Des weiteren forderten sie, dass „die Arbeiter bewaffnet und organisiert sein (müssen)“, und dass „die Bewaffnung des ganzen Proletariats mit Flinten, Büchsen, Geschützen und Munition sofort durchgesetzt (...) werden muss“ (ebd. S. 250). Die selbstständige Organisierung und Zentralisierung der ArbeiterInnen in Klubs und Vereinsstrukturen, um „den demokratischen Kleinbürgern mit Macht entgegen treten zu können“, führen Marx und Engels als dritten Aspekt aus (vgl. ebd. S. 251). Die „Allgemeine Volksbewaffnung“ und die Umwandlung der Armeen zugleich in Arbeiterarmeen“ wurden schon in der Flugschrift „Forderungen der kommunistischen Partei in Deutschland“ vom September 1884 als Leitlinie ausgegeben (vgl. Ausg. Werke Marx/Engels Bd. I, S. 464). Engels konstatierte, dass „sobald die am Ruder befindlichen Bourgeoisierepublikaner einigermaßen festen Boden unter den Füßen spürten, ihr erstes Ziel (war), die Arbeiter zu entwaffnen“ (Engels: Einleitung zu „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ von Karl Marx, Ausg. Schriften II, S. 640). Aufgrund dessen betonte er mit Nachdruck die Parole „Je mehr Arbeiter in den Waffen geübt werden, desto besser” (Engels: Die preußische Militärfrage und die deutsche Arbeiterpartei, Ausg. Schriften II, S.331).

Marx hat bereits in einem seiner Frühwerke die Frage des Verhältnisses zwischen verbaler und handfester Bewaffnung mit dem berühmten Ausspruch „die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch materielle Gewalt (...)“ (Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Ausg. Werke Marx/Engels Bd. I, S. 18) treffend auf den Punkt gebracht.

Marx und Engels forderten den proletarischen Selbstschutz, der sich in der Bildung einer „proletarischen Garde“ manifestieren sollte: „(...) die Arbeiter (müssen) versuchen, sich selbständig als proletarische Garde, mit selbstgewählten Chefs und eigenem selbstgewählten Generalstab zu organisieren und unter den Befehl, nicht der Staatsgewalt, sondern der von den Arbeitern durchgesetzten revolutionären Gemeinderäte zu treten“ (Marx/Engels: Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850, MEW/7, S. 250). In der Bewaffnung sahen sie das zentrale Element des Selbstschutzes: „Die Waffen und die Munition dürfen unter keinem Vorwand aus den Händen gegeben, jeder Entwaffnungsversuch muss nötigenfalls mit Gewalt vereitelt werden.“ (ebd.).

Engels kam im Kontext der Analyse des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) zu dem Ergebnis, dass lediglich eine bewaffnete „Freiwilligen-Bewegung“ aufgrund des geringen Organisationsgrades nicht ausreicht, um dauerhaft regulären Verbänden Paroli bieten zu können. Er mahnt: „Wir wollen hoffen, dass weder die Freiwilligen noch die Öffentlichkeit je glauben werden, die Freiwilligen-Bewegung könne in irgendeiner Weise eine reguläre Armee überflüssig machen“ (Engels: Lehren des amerikanischen Krieges, MEW/15, S. 404).

Engels sah in den reaktionären stehenden Heeren der bourgeoisen Staatsapparate eine permanente Gefahr eines „allgemeinen Vernichtungskrieges (...), es sei denn, die stehenden Heere werden rechtzeitig umgewandelt in eine auf allgemeiner Volksbewaffnung beruhender Miliz“ (Engels: Kann Europa abrüsten, Ausg. Schriften II, S. 650). In dieser Spätschrift Engels von 1893, in der es um die massive Aufrüstungspolitik der großen europäischen Staaten geht, sieht er den „Hebel der Abrüstung“ in einem „Milizsystem als Endziel“ (ebd. S. 653-654).

Soweit zu Marx und Engels aus unserem oben genannten Text.

Rosa Luxemburg brachte sich in die militärpolitischen Debatten der damaligen revolutionären deutschen und internationalen Sozialdemokratie mit größtem Engagement ein. Dabei bekämpfte sie insbesondere die aufkommenden revisionistischen Tendenzen in der deutschen Sozialdemokratie Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts und während des Wettrüstens am Vorabend des ersten imperialistischen Weltkrieges. Ihr Kampf gegen den internen und externen Militarismus verband sich untrennbar mit ihrer prinzipienfesten Position der Abschaffung stehender Heere und der Propagierung der Milizidee.

Die alte sozialdemokratische Programmforderung nach Ersetzung des stehenden Heeres durch die Miliz galt Luxemburg als Minimalkonsens, um überhaupt den kapitalistischen Klassenstaat und imperialistische Expansionsgelüste politisch anzugreifen. Rosa Luxemburg schreibt dazu: „Die Verzichtleistung auf den Kampf mit dem militärischen System läuft praktisch auf die Verleugnung des Kampfes mit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung überhaupt hinaus“ (In: Sozialreform oder Revolution, Anhang Miliz und Militarismus).

In der Milizforderung sah die Sozialdemokratie ein effektives Mittel, eine innerstaatliche Funktionalisierung des Militärs gegen die Arbeiterklasse zu unterbinden und den Umgang mit Waffen zu erlernen.

In den sozialdemokratischen Parteiprogrammen wurde dieser Minimalkonsens fixiert: Erziehung zur allgemeinen Wehrhaftigkeit. Volkswehr anstelle der stehenden Heere (...)“ (In: Erfurter Programm von 1891). Die alte Bebel’sche antimilitaristische Losung „Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ fand in der Milizforderung also ihren treffenden Ausdruck.

Diese militärpolitischen Grundsätze wurden in der Wende zum 20. Jahrhundert von einigen führenden sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten in Frage gestellt. Die Debatte um die Bedeutung der Milizfordeung, die von Max Schippel in mehreren Artikeln, in denen er sich mit den Aussagen zur Miliz bei Engels befasst, angeschoben wurde, führte zu heftigen Reaktionen der revolutionären Kräfte innerhalb der Sozialdemokratie. Schippels Position, wonach sich ein demokratisches, klassenneutrales Volksheer evolutionär durch Reformen, insbesondere durch Verkürzung der aktiven Dienstzeit, aus dem junkerlich-bürgerlichen Heer heraus entwickeln könne, war eine klare Absage an Engels.

Engels hatte bereits frühzeitig vor einer (klein-)bürgerlichen Milizromantik gewarnt, denn „erst eine kommunistisch eingerichtete und erzogenen Gesellschaft kann sich dem Milizsystem sehr nähern und auch da noch asymptotisch (Annäherung, ohne das erstrebte Ziel je ganz zu erreichen, Anm. mg)“ (In: Briefwechsel, IV. Bd.). Luxemburg bemerkte, dass mit den Schippel-Aussagen „unserer ganzen bisherigen parlamentarischen Tätigkeit und unserer ganzen Agitation, deren Zentralachse der Kampf gegen den Militarismus bildet, direkt ins Gesicht geschlagen geworden (ist)“ (In: Zum kommenden Parteitag).

Für Luxemburg, sich an Engels orientierend, (kann) das Milizsystem einzig und allein nur aus der Triebkraft des Proletariats hervorgehen“ (In: Die weltpolitische Lage), denn „um die Miliz einzuführen, müssen wir die herrschenden Klassen stürzen, das bedeutet eine Revolution, ein gewaltiges Stück historischer Arbeit“ (ebd.).

Die Miliz war für sie das revolutionäre Schutzorgan des siegreichen Proletariats. Dementsprechend ist in ihrer Grundlagenschrift „Was will der Spartakusbund?“, die mit unwesentlichen Änderungen vom Gründungsparteitag der KPD als Parteiprogramm beschlossen wurde, folgendes festgehalten worden: „Bewaffnung der gesamten erwachsenen männlichen proletarischen Bevölkerung als Arbeitermiliz, Bildung einer Roten Garde aus Proletariern als aktiven Teil der Miliz zum ständigen Schutz der Revolution vor gegenrevolutionären Anschlägen und Zettellungen (...)“.

Jetzt folgt ein ideologischer Szenenwechsel, d.h. ein kleiner Abstecher, der zum Komplex „Miliz“ nicht ausgespart werden sollte: In vielen militärtheoretischen und -politischen Schriften und Debatten innerhalb der revolutionären Linken wurde oft auf den preußischen Militärtheoretiker Clausewitz Bezug genommen. Lenin hat bspw. das bekannteste Clausewitz’sche Postulat klassenspezifisch auf die Füße gestellt: „Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Jeder Krieg ist unlösbar mit der politischen Ordnung verbunden, der er entspringt. Dieselbe Politik, die eine Großmacht, eine bestimmte Klasse innerhalb dieser Großmacht lange Zeit hindurch vor dem Krieg verfolgte, setzt diese Klasse unvermeidlich und unausbleiblich während des Krieges fort, wobei sie nur die Form des Handelns ändert“ (In: Krieg und Revolution).

Das Thema „Volksbewaffnung“ und  „Milizheer“ wurde auch in bürgerlichen Militärkreisen kontrovers diskutiert. Clausewitz, Scharnhorst und andere preußische „Militärreformer“ waren hier Stichwortgeber.

Im Zuge der „antinapoleonischen Befreiungskriege“ projektierte u.a. Clausewitz 1813 mit dem Landsturm und der Landwehr bzw. -miliz ein Modell, das einer eindringenden militärischen Macht im Verbund mit den eigenen regulären Truppen auf Sicht die Stirn bieten sollte. Clausewitz schlägt, was die Funktion speziell der Landwehr bzw. -miliz in einem Volkskrieg gegen Okkupanten betrifft, sehr vertraute Töne an: „Nach unserer Vorstellung vom Volkskriege muss er wie ein nebel- und wolkenartiges Wesen sich nirgends zu einem kompakten Körper verdichten, sonst richtet der Feind eine angemessene Kraft auf diesen Kern, zerstört ihn und macht eine große Menge Gefangene; dann sinkt der Mut, alles glaubt die Hauptfrage sei entschieden, ein weiteres Bemühen vergeblich, und die Waffen fallen dem Volk aus den Händen“ (In: Vom Kriege). Sollte aber das „ nebel- und wolkenartige Wesen“ namens „Volkskrieg“ zur Entfaltung kommen, „so verbreitet sich das Feuer wie ein Brand in der Heide und trifft am Ende die Bodenfläche, auf welche der Angreifende basiert ist; es ergreift seine Verbindungslinie und zehrt an den Lebensfaden seines Daseins“ (ebd).

Wir merken, diese Metapher ist zu der Maos doch sehr ähnlich. Mao musste nur eine kleine botanische Korrektur vornehmen: aus der „Heide“ hat er die „Steppe“ gemacht.

In konservativen Militärkreisen lösten die „Reformideen“ eines Clausewitz und Scharnhorst große Skepsis aus. Mit der Einführung des allgemeinen Kriegsdienstes und der damit verbundenen Volksbewaffnung im Rahmen des Landsturms und der Landwehr/-miliz wurden Jahrhundertealte Privilegien der adligen Offizierskaste angenagt. Für Clausewitz hatte dieses „geben wir (...) dieser großen Armee noch einen Zusatz, indem wir die ganze Volksmasse mehr mit kriegerischen Einrichtungen durchflechten“ (In: Unsere Kriegsverfassung) den rein funktionalen Grund, die napoleonische Besatzung zu bezwingen.

Den Bedenken der konservativen Klientel, mit der Volksbewaffnung und der Miliz würde man einem potentiell revolutionären Volk freiwillig die Waffen aushändigen, wusste Clausewitz süffisant zu entgegnen: „Preußen hat das Bedürfnis, sein ganzes Volk zu bewaffnen, damit es den beiden Kolossen (bezieht sich wohl auf die „russische und die französische Gefahr“, Anm. mg) widerstehen könne, die es von Osten und Westen her stets bedrohen werden. Soll es sein eigenes Volk mehr fürchten als diese beiden Kolosse?“ (ebd.). An einer anderen Stelle macht er dieses Faß mit einer tendenziösen Fragestellung noch einmal auf, in dem er seine Kritiker zu einer „Gefahrenabwägung“ dräng: „Die Landwehr vermehrt die Gefahr der Revolution; die Entwaffnung der Landwehr vermehrt die Gefahr einer Invasion. Welche von beiden ist nach historischen Zeugnissen die größere?“ (In: Über die Vorteile und Nachteile der preußischen Landwehr).

Clausewitz konnte selbstredend kein „revolutionäres Volk“ in deutschen Landen ausfindig machen, hätte er es irgendwo aufgespürt, hätte er als Militär mit aristokratischem Renommee seine „Reformideen“ schnell im Giftschrank verschlossen.

Die proletarische bzw. Arbeiter-Miliz in den Schriften von Lenin, Frunse und Trotzki

In militärtheoretischen und -organisatorischen Fragen ging es in Russland im Zeitraum zwischen der Februarrevolution 1917 bis Anfang der 20er Jahre immer wieder um den Gesichtspunkt der „Volksbewaffnung” bzw. der Bildung einer revolutionären Organisierung der Massen, um eine proletarische Miliz.

Lenin und die Bolschewiki wandten sich entschieden gegen die bürgerlich-pazifistische Haltung in einigen Teilen der II. Internationale, die eine „Entwaffnung” als die zentrale friedenspolitische Losung während des ersten imperialistischen Krieges ausgab. Die Forderung der „Entwaffnung” ist für Lenin „eine völlige Preisgabe des Klassenkampfstandpunktes und jedes Gedankens an die Revolution” (In: Das Militärprogramm der proletarischen Revolution).

Für Lenin „(ist) eine unterdrückte Klasse, die nicht danach strebt, die Waffen handhaben zu lernen und Waffen zu besitzen nur wert, als Sklave behandelt zu werden” (In: Über die Losung der „Entwaffnung”). Nach Lenin verdient eine Losung nur das Prädikat revolutionär, wenn sie die „Bewaffnung des Proletariats, um die Bourgeoisie zu besiegen, zu expropriieren und zu entwaffnen” (ebd.) enthält. Dass Lenin in dieser Frage eine kontinuierliche Position einnimmt, wird auch in früheren im Zusammenhang mit den Revolutionsereignissen von 1905 getroffenen Aussagen deutlich: „(...) unter Vorbereitung des Aufstands (ist) nicht nur die Bereitstellung von Waffen, die Bildung von Gruppen usw. zu verstehen, sondern auch das Sammeln von Erfahrungen durch praktische Versuche einzelner bewaffneter Aktionen, wie zum Beispiel Angriffe bewaffneter Abteilungen gegen Polizei und Militär (...) oder Überfälle (...) auf Gefängnisse, Dienststellen der Regierung usw,” (Lenin: Über Krieg, Armee und Militärwissenschaft, Bd. I).

Lenin hat ununterbrochen vor der Illusion gewarnt, dass es einen anderen Ausweg als den des Klassenkampfes und der gewaltsamen Niederwerfung der herrschenden Klassen gibt. Die Aufgabe der revolutionären proletarischen Partei ist es, „dem Proletariat durch Propaganda und Agitation nicht nur die politische Bedeutung , sondern auch die praktisch-organisatorische Seite des bevorstehenden bewaffneten Aufstandes klar zumachen.” (ebd.).

Die Frage der „Volksbewaffnung” hängt in den Diskussionen über die Bildung einer proletarischen Kampforganisation unmittelbar mit dem Milizgedanken zusammen. Lenin und andere standen nach der Februarrevolution von 1917 vor dem Problem, die soziale Umwälzung weiter zu treiben und dabei auf organisierte bewaffnete Formationen zurückgreifen zu können. Es ging um die Schaffung einer „wirklich revolutionären Klassenkraft, eine proletarische Miliz, die imstande ist allen armen Bevölkerungsschichten (...) zu helfen, sich zu organisieren (...), für Brot, Frieden und Freiheit zu kämpfen.” (Lenin: Über die proletarische Miliz). Diese wahrhafte „Volksmiliz”, bestehend aus den unterdrückten gesellschaftlichen Klassen „beiderlei Geschlechts” wäre das „ausführende Organ der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten” (ebd.). Nach Lenin kann von Sozialismus nicht die Rede sein, ohne die Heranziehung der Frauen zur selbständigen Teilnahme in den revolutionären, bewaffneten Abteilungen zu garantieren (vgl. Lenin, Über Krieg, Armee und Militärwissenschaft, Bd. II, 1. Halbband)

Auch in Lenins berühmten „April-Thesen” von 1919 ist die „Abschaffung der Polizei, Armee (...) d.h. Ersetzung des stehenden Heeres durch die allgemeine Volksbewaffnung” (ebd) projektiert worden. Die Zerschlagung und folgende Ersetzung der alten zaristischen Repressionsorgane in Form der „Schaffung einer allgemeinen Volksmiliz, ihre Verschmelzung mit dem Heer” (ebd.) sollte die Gefahr der Restauration der alten Ordnung bereits im Keim ersticken.

Auch nach der Oktoberrevolution und dem Bürgerkrieg gegen die weißgardistischen Verbände eines Denikins oder Wrangels blieb die Debatte über das Für und Wider einer regulären Armee bzw. einer Milizstruktur weiter virulent. Allerdings unterscheiden sich die Milizstrukturen während des Kampfes für eine sozialistische Revolution und nach der Festigung der Diktatur des Proletariats. Im ersten Fall handelt es sich sozusagen um Guerrillaverbände, die die Partisanentaktik anwenden und im zweiten Fall um einen integralen Truppenteil neben den regulären Einheiten, der sich formal nur wesentlich mehr außerhalb der Kasernentore befindet.

Anfang der 20er Jahre war vor allem M.W. Frunse der Vorreiter der Milizidee, die er gegen die Ablehnung traditionell eingestellter Angehöriger der Roten Armee durchzusetzen versuchte. Frunse gilt – neben Trotzki – als der militärpolitische Kopf der jungen Sowjetunion. Ab 1921 war er des ZK der KPR(B) und löste Trotzki 1925 nach dessen Absetzung als Kriegskommisar ab. Im selben Jahr starb er infolge einer Operation.

Frunse war der profilierteste Vertreter der sog. proletarischen Kriegsdoktrin, nach der sich der klassenspezifische sozialistische Aufbau der Sowjetunion vor allem auch in der militärischen Organisation wiederfinden muss: „Natürlich muss der Umsturz, durch den anstelle des alten zaristischen Russlands die jetzige Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geschaffen wurde, seine Widerspiegelung auch auf dem Gebiet des Militärwesens finden” (In: Kaderarmee und Miliz). In Bezug auf die Miliz schreibt er: „Daher können wir die Milizarmee theoretisch nicht als irgendeine spezifisch demokratische Form der Streitkräfte ansehen, die immer und unter allen Bedingungen den Interessen der Arbeiterklasse entspricht. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse können und dürfen wie nicht allgemein von einer Miliz sprechen, sondern von der sowjetischen Miliz, das heißt vom bewaffneten Aufgebot der Arbeiter und Bauern” (In: Reguläre Armee und Miliz). Aus dieser Aussage lässt sich unschwer folgern, dass die Verpackung (Milizstruktur) noch wenig über den Inhalt (proletarischer Klassenstandpunkt) aussagt.

Die weitgehende Umgestaltung von Kaderverbänden in territoriale Milizformationen ist in verschiedenen Parteiresolutionen der KPR(B) 1919 und 1920 fixiert worden. Dort heißt es bspw. das eine Organisationsform der Streitkräfte gefunden werden muss, „bei der die Werktätigen die erforderliche militärische Ausbildung bei geringster Loßreißung von der Produktionsarbeit erhalten. Ein solches System kann nur die auf territorialen Prinzipien aufgebaute rote Arbeiter- und Bauern-Miliz darstellen.” (zit. In: Kaderarmee und Miliz). Diese „milizionäre Klassenarmee” (ebd.) ist kein improvisierter, zusammengewürfelter Haufen von Hasardeuren, sondern „eine geschulte, bewaffnete und nach dem letzten Wort der Kriegswissnschaft organisierte Armee” (ebd.). Eine solche Milizarmee, die „ ein gut geschultes und bewaffnetes, sozialistisch organisiertes Volk” verkörpert, „(wird) die mächtigste Armee sein, die die Welt gekannt hat” (ebd.).

Die Miliz zeichnet sich gegenüber einer kasernierten Armee vor allem dadurch aus, dass hier ein wesentlich engeres Eingebundensein in den sozialen Alltag gegeben ist. Nach Frunse ist eine sich aus einer engen Arbeits- und Lebensgemeinschaft ergebende Disziplin mit einer hohen sozialen Kompetenz einer Disziplin der stehenden Heere weit überlegen (vgl. In: Reguläre Armee und Miliz).

Für Frunse ist es einsichtig, dass eine allmähliche Umwandlung eines aus der Tradition des Zarismus kommenden stehenden Heeres in ein Milizsystem nur unter den Bedingungen einer innerlich und äußerlich gesicherten Sowjetunion möglich ist. Unter solchen Bedingungen wären „die Voraussetzungen für die erfolgreiche Anwendung der Milizmethoden unter den Verhältnissen unseres Sowjetstaates vorhanden“ (ebd.). Er leugnet demnach nicht die beträchtlichen Schwierigkeiten des militärpolitischen Umbaus (Eingliederung eines hohen Anteils analphabetischer Bauern, Problem der gleichmäßigen Verteilung der Milizverbände über das gesamte SU-Territorium, ausreichende Heranbildung des Mittelbaus der Milizen u.a.). Frunse erklärt, dass „der Übergang vom stehenden Heer zur Roten Arbeiter- und  Bauernmiliz folglich stufenweise verwirklicht werden (muss)“ (ebd.).Die Perspektive liegt klar auf der Hand: „Die Umwandlung der Armee in das bewaffnete kommunistische Volk“ (ebd.). Es ist für die Anhängerschaft der „proletarischen Kriegsdoktrin“ bzw. „neuen Militärdoktrin“ charakteristisch, dass sie hinsichtlich ihrer militärpolitischen Vorstellungen für die Sowjetunion eine internationale Perspektive der Revolution nicht außer Acht lassen. Frunse schreibt: „Der strategische Hauptplan besteht darin, unsere isolierte Revolution in eine Weltrevolution umzuwandeln“ (In: Lenin und die Rote Armee). Die zu schaffende „ mächtigste Armee der Welt“ – die Milizarmee – soll nicht nur eine schlagkräftige Waffe der Verteidigung der Sowjetunion sein, „sondern auch ein entscheidendes Moment im Kampf der Werktätigen anderer Länder gegen den Imperialismus“ (In: Kaderarmee und Miliz).

Die Umwandlung in eine Milizarmee ist Frunse zufolge – wie wir gesehen haben – in mehreren Resolutionen auf Parteitagen der KPR(B) 1919 und 1920 bekräftigt worden. Er schildert, dass die Rote Armee schon „keinen einheitlichen Charakter mehr (trägt), da es in ihrem Bestand ständige Truppenteile und Miliztruppenteile gibt“ (In: Reguläre Armee und Miliz). Fakt ist aber, dass dieser Umbau des militärischen Apparats hin zu einer „milizionären Klassenarmee“ nicht fortgesetzt wurde.

Trotzki der „Baumeister“ der Roten Armee und hervorragende Militärstratege währende des Bürgerkrieges gegen die weißgardistischen Putschisten um Denikin, Wrangel u.a. sowie der imperialistischen Invasion, gibt Aufschluß darüber, wann die Umwandlung in eine Milizstrktur zum Erliegen kam und eine Revision in der Führungsstruktur der Roten Armee einsetzte.

In seiner „Abrechnungschrift“ „Verratene Revolution“, in der er den Degenerierungsprozeß in der Sowjetunion unter der Ägide Stalins analysiert, führt er aus, dass im Jahr 1935 in der Roten Armee ein in Bezug auf das Milizsystem und den Kommandostab „zweifacher Staatsstreich“ erfolgte. Die auf den erwähnten Parteitagen der KPR(B) fixierte Prämisse, wonach die Rote Armee einen eindeutigen Klassencharakter und in eine Sowjetmiliz bzw. sozialistische Volksmiliz umgewandelt werden soll, verlor ihre Gültigkeit. Der bereits fortgeschrittene Umwandlungsprozeß der Roten Armee weg von einem kasernierten Heer hin zu milizartigen Territorialverbänden wurde umgelenkt. Trotzki sieht darin die „Zertümmerung der Miliz“, die zeitlich parallel verläuft mit der Wiedereinführung der Offiziersränge durch die „stalinistische Bürokratie“.

Es soll nicht der verkürzte Eindruck entstehen, als wenn Trotzki ein bedingungloser Verfechter des Milizsystems gewesen wäre. In seiner Zeit als Kriegskommisar von 1918 bis zu seiner Absetzung 1925 befand er sich in einer gewichtigen Auseinandersetzung mit den Vertretern einer „proletarischen Kriegsdokrin“, zu der u.a. Frunse gehörte. Dieser Kreis von kriegserprobten Bolschewiki kritisierte Trotzki u.a. dafür dass er auf die militärpolitische Kompetenz ehemals zaristischer Offiziere zurückgriff. Die Anhänger der „neuen Militärdoktrin“ meinten, dass ein Rote Armee in jeder Beziehung ein andersartiges, eben proletarisches, Militärsystem aufbauen müsse. Trotzki meint dazu lakonisch, dass „dies im wesentlichen ein Versuch (war), die Guerillamethoden der ersten Bürgerkriegsperiode zu einem dauernden und universellen System zu erheben“ (In: Verratene Revolution). Trotzki sieht es als erforderlich an, dass für die Einführung eines Milizsystem sowohl politische als auch wirtschaftlich-kulturelle Voraussetzungen gegeben sein müssen. Erstere hielt er in seiner Amtszeit als Kriegskommisar für gegeben, letztere noch nicht. Trotzki sah in dem Grad der Umwandlung der Roten Armee in eine Miliz einen „Maßstab für das tatsächliche Voranschreiten des Sozialismus“ (ebd.). Dementsprechend konnte er die „Zertrümmerung der Miliz“ nur als Zuwiderhandlung gegen Parteibeschlüsse und Dekadenz des Sozialismus begreifen.

Als sich die faschistische Gefahr mehr als deutlich am Horizont anzeichnete, ist im von Trotzki formulierten „Übergangsprogramm“, das das Gründungsmanifest der Vierten Internationale darstellt, die Notwendigkeit der „Arbeiterselbstwehr“ hervorgehoben worden. Dort heißt es: „Man muss überall, wo es möglich ist, angefangen bei den Jugendorganisationen, praktisch Selbstverteidigungseinheiten gründen und sie im Umgang mit Waffen unterweisen.“ Weiter fordert er, dass „man die Losung der Arbeitermiliz aufstellen (muss) als der einzigen ernstzunehmenden Garantie für die Unverletzlichkeit der Arbeiterorganisationen (...)“, denn „den Banden des Faschismus können erfolgreich nur bewaffnete Arbeiterabteilungen widerstehen (...)“.

Die Form des bewaffneten Kampfes: (Stadt-)Guerilla oder Miliz?

Wir nehmen es gleich vorweg: Eine Beantwortung dieser Frage ist an dieser Stelle nicht beabsichtigt. Wie auch, wenn sämtliche inhaltlichen, praktischen, logistischen und organisatorischen Begebenheiten, auf deren Grundlage eine „Entscheidung“ nur erfolgen kann, nicht bzw. nur sehr unzureichend vorliegen.

Das, was dennoch hier erfolgen muss, ist eine erste Annäherung an die Frage der organisatorischen Form des bewaffneten Kampfes und dessen inhaltlicher Füllung. Wenn wir als Gruppe den bewaffneten Kampf als „objektive Notwendigkeit“ setzen und uns – wie wir meinen – in keiner allzu schlechten Gesellschaft befinden, dann dreht sich die Diskussion u. E. zentral um die Herausarbeitung der Potenziale einer (Stadt-)Guerilla oder Miliz.

Wir haben in den Textpassagen zur Guerilla einiges über ihren ländlichen Standort gehört. Wir können zu dieser Thematik hinsichtlich der organisatorischen Grundlagen des bewaffneten Kampfes nicht viel vorab ausschließen. Eines allerdings schon: angesichts des hochindustriellen Zustandes der BRD ist die Vorstellung einer ruralen Guerillastruktur in den Weiten der brandenburgischen Uckermark, des sumpfigen Emslandes oder den Gebirgszügen der Alpen vielleicht ganz amüsant, aber wenig zweckmäßig. Auch die Idee eines Verkriechens nach getaner Arbeit in das Unterholz des Berliner Grunewalds hat nur einen kurzen Unterhaltungswert am Stammtisch. Was bleibt, ist das metropolitane Terrain als Tummelplatz.

Wir stoßen bereits bei dem Versuch einer definitorischen Abgrenzung von (Stadt-)Guerilla und Miliz an Grenzen. Um unsere definitorische Abgrenzung zu vereinfachen, konzentrierten wir uns in den vorangegangenen Textkapiteln auf jene Modelle einer (Stadt-)Guerilla oder Miliz, die struktureller Teil einer linken und revolutionären Organisation/Organisierung sind. Wir haben gezeigt, dass selbst hier eine verwirrende Vielzahl von Begrifflichkeiten existiert, die eine glasklare Trennung – abgesehen von benennbaren ideologischen „ismen-Differenzen“ – verschiedener Kategorien von Guerilla und Miliz kaum zulässt. Es ist erforderlich bei jeder Organisation exakt hinzuschauen, um eine „Kategorisierung“ vornehmen zu können.

Aus dem oben geschilderten lässt sich zumindest ein Kriterienkatalog zusammenstellen, der die Grundzüge einer „(Stadt-)Guerilla“ oder „Miliz“ bezeichnet. Grundsätzlich haben wir festgestellt, dass „(Stadt-)Guerilla“ und „Miliz“ „Formate“ einer bewaffneten Politik sind, die sich durch ihre „Irregularität“ charakterisieren lassen.

Damit ist in erster Linie gemeint, dass sie keine durch staatliche Instanzen legitimierten bewaffneten Verbände sind (wie etwa die Polizei), und sich von (modernen) „regulären“, staatlichen stehenden Heeren in ihrer Organisationsform unterscheiden (keine Kasernierung, keine Gliederung in Heer, Luftwaffe, Marine etc., keine staatlich durchgesetzte Dienstverpflichtung junger Männer, keine Vereidigung auf die herrschende staatliche Ordnung etc. ). Des Weiteren weisen sich Guerilla und Miliz durch eine größere Mobilität und Flexibilität in ihren taktischen, operativen und strategischen Unternehmungen aus. Ein weiteres wichtiges Kennzeichen ist, dass die Aktivität und das Engagement in einer solchen Organisationsform unmittelbar mit dem bekundeten politischen Interesse einer grundsätzlichen Umwälzung der bestehenden Ausbeutungs- und Unterdrückungsstrukturen zusammenhängt. Die Ausbreitung und Vertiefung eines solchen Umwälzungsprozesses steht in einer Wechselwirkung mit einem „Geschichtsoptimismus“  und einer Portion  „revolutionärem Elan“. Der begründete Eindruck, tatsächlich „etwas bewegen zu können“, kann Kräfte freisetzen. Die Guerilla oder auch Miliz wird oft als „Keimzelle“ einer Volks- oder Roten Armee gesehen, die die Umwälzung auf militärischem Gebiet ermöglicht und dann zu sichern hat. Daraus resultiert, wie wir bspw. bei Mao oder auch den MLN-Tupamaros erfahren haben, die strategische Relevanz einer Guerillapolitik, die nicht nur im taktischen Bereich Aufgaben lösen soll.

Es fällt auf, dass sowohl einer (Stadt-)Guerilla als auch einer Miliz diese eben geschilderten Merkmale zugeschrieben werden. Offensichtlich ist eine Unterscheidung dieser beiden Kategorien mehr eine semantische als eine organisatorische.

Ein Grund dafür könnte sein, dass beide Kategorien, soweit wir dies historisch recherchieren konnten, aus eine Epoche hervorgegangen sind: der Französischen Revolution von 1789 und der einige Jahre später folgenden napoleonischen Herrschaft (1804-1814 und 1815). Im Zuge der Französischen Revolution bildete der aufstrebende Dritte Stand, um seine neu gewonnene soziale Stellung zu verteidigen, eine Bürgermiliz bzw. Nationalgarde. In Spanien reagierte man 1808 mit dem organisierten „kleinen Krieg“ (Guerillakrieg) gegen die napoleonische Besatzung. In den Ausführungen von Clausewitz haben wir erfahren, welche unterstützende Rolle eine Milizstruktur im Kampf gegen die siegesgewohnten Heere des französischen Kaisers Napoleon I. Bonaparte einnahm. Die Hegemonie Napoleons über weite Teile Europas endete u. a. als Folge der „irregulären“ Kriegsführung 1814/15. Bald danach trat er seinen wohlverdienten Verbannungsurlaub an.

„Guerilla“ und „Miliz“ sind, nach unserem bisherigen Kenntnisstand an der Schnittstelle des Übergangs vom Feudalismus zur kapitalistischen Moderne als militärtheoretische Konzeptionen ausgearbeitet und praktisch realisiert worden. Allerdings kommen Elemente der „irregulären“ Kriegsführung, wie wir in unserem Beitrag „Bewaffneter Kampf – Aufstand – Revolution“ (vgl. Interim Nr. 600, 18.9.2004) berichtet haben, aus einer Jahrtausendealten Trickkiste, um einen in allen Belange überlegenen Gegner dennoch Paroli bieten zu können. Wie wollen nur den chinesischen Militärtheoretiker Sun Tzu in Erinnerung rufen, der einige Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung mit seinem Traktat „Über die Kunst des Krieges“ die Aspekte der List und Tücke ins kriegerische Spielgeschehen einbrachte.

Beide „Formate“ des bewaffneten (Abwehr-)Kampfes resultierten also aus der eigenen militärorganisatorischen Schwäche gegenüber rundum ausgebildeten stehenden Heeren. Diese Situation veranlasste dazu, eine Form der „Volkbewaffnung“ zu kreieren, die die Defizite gegenüber einer „regulären“ Kriegsführung ausgleichen sollte.

Dennoch lassen sich einige Unterscheidungsmerkmale zwischen „(Stadt-)Guerilla“ und „Miliz“ extrahieren, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben und nicht nur semantischer Natur sind. Von Guerillakampf wird in der Regel dann gesprochen, wenn es um einen antiimperialistischen Befreiungskampf in (halb-)kolonialen und (halb-)feudalen Ländern geht. Dieser antiimperialistische, stark unter nationalen Vorzeichen geführte Befreiungskampf ist kombiniert mit der Auflehnung gegen die heimische Oligarchie und Kompradorenbourgeoisie. Das Motiv der „nationalen Befreiung“ kommt u.a. darin zum Ausdruck, dass ein breites fortschrittlich gesinntes Klassenbündnis gegen den „Yankee-Imperialismus“ und die inländischen Lakaien gesucht wird, auch wenn die Arbeiterklasse und Bauernschaft üblicherweise als Führungskraft betrachtet wird. Auffallend ist, dass querbeet der Begriff des „Nationalen“ in den Organisationsnamen zu finden ist. Das ist kein Zufall, denn in einem Organisationsnamen drücken sich plakativ politische Zielsetzungen aus (z.B. Bewegung der nationalen Befreiung – Tupamaros). Die Kombination einer „nationalen“ und „sozialen“ Befreiung ist hier ein wichtiges Mobilisierungsmoment.

Die entstehenden Stadtguerillagruppen in Westeuropa haben dieses „Format“ aufgegriffen und mit „inhaltlichen Akzentverschiebungen“ versehen. Statt der z. T. zentralen Forderung nach der Aufhebung eines neokolonialistischen Status quo rückten sozialrevolutionäre und/oder internationalistische Solidaritätsmotive in den Vordergrund.

Demgegenüber kann man die Entwicklung des Milizmodells innerhalb der internationalen ArbeiterInnenbewegung dahingehend interpretieren, dass es sich um eine Struktur des bewaffneten Selbstschutzes des Proletariats handelt. Anfangs, wie wir aus den frühen sozialdemokratischen Parteiprogrammen gelernt haben, dient die Milizforderung als Minimalkonsens der Abschaffung der reaktionären stehenden Heere. Diese waren zum einen innerstaatliches Unterdrückungsinstrument gegen opponierende Klassen, insbesondere die ArbeiterInnen, und zum anderen ein Instrument der imperialistischen Expansion im weltweiten „Aufteilungswettkampf“ der führenden europäischen Staaten.

Ein weiterer sehr wichtiger Inhalt der Miliz, und aus unserer Sicht der entscheidendste, ist, dass sie wie wir bei Marx/Engels, Lenin, Frunse, Luxemburg und Trotzki gesehen haben, sowohl ein klassenspezifisches, bewaffnetes Verteidigungsmittel gegen die Reaktion als auch ein offensives militärpolitisches Muster des revolutionären Kampfes gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung darstellt. Neben diesen direkten Anschlüssen aus der Geschichte der revolutionären Linken bilden die antifaschistischen Milizen (bspw. Durruti, POUM, Internationale Brigaden, CNT, etc.) gegen den putschistischen Franquismus oder die bewaffneten Arbeiterwehren von Max Hoelz und Karl Plättner Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts (historische) Orientierungspunkte. Mit den beiden letztgenannte Personen und ihrer bewaffneten Aufstandspolitik wird zudem das (Diskussions-)Tor zu linkskommunistischen Strömungen innerhalb der revolutionären Linken geöffnet.

In den beiden ersten programmatischen Schriften der RAF („Das Konzept Stadtguerilla“ und „Dem Volk dienen. Rote Armee Fraktion: Stadtguerilla und Klassenkampf“), in denen die Metropolenguerilla konzipiert wurde, ist kein Bezug zu der bewaffneten Interventionsform der Miliz zu finden. Statt dessen wurden in die Texte etliche Zitate von Mao, Debray und mehrere von Marighela und den Tupamaros aufgenommen. Wir denken, dass diese Anknüpfungspunkte der RAF sozusagen „in der Luft“ lagen. Das Stadtguerillamodell aus den großen städtischen Zentren Südamerikas bot sich schlichtweg als Folie für die eigene (bewaffnete) Politik an. Diese Übertragung auf westeuropäische sozio-ökonomische Verhältnisse war den GenossInnen der RAF voll bewußt: „Das Konzept Stadtguerilla stammt aus Lateinamerika. Es ist dort, was es auch hier sein kann: die revolutionäre Interventionsmethode von insgesamt schwachen revolutionären Kräften“ (In: Das Konzept Stadtguerilla). Die RAF hat demnach zuvorderst eine Strukturform des bewaffneten Kampfes übernommen, um sie dann den BRD-spezifischen Bedingungen anzupassen.

Soweit ist diese Aussage richtig. Allerdings können wir eine fundamentale Differenz ausmachen, während die Guerillakonzepte in Lateinamerika überwiegend aus einem Aufschwung der (revolutionären) (Massen-)Bewegungen entwickelt und praktisch umgesetzt wurden, ist die RAF, um es  etwas salopp zu sagen, aus der Konkursmasse des studentischen 68-Aufbruch hervorgegangen. Aus dem Niedergang der StudentInnenrevolte sind faktisch drei Strömungen entstanden: die Marschierer durch die Institutionen mit der Plakette „Willy wählen“ am Revers, die unfreiwillig komischen Kabarettveranstaltungen der sog. K-Gruppen und eben die Metropolenguerilla. Dabei ist gerade die urbane Guerilla nach der Interpretation des Soziologen Sebastian Scheerer ein „Zerfallsprodukt“ (In: Angriff auf das Herz des Staates, I. Bd.) der an einen Endpunkt angelangten Protestbewegung.

Ob „Zerfallsprodukt“ oder Ergebnis eines „revolutionären Aufschwungs“, Stadtguerillaprojekte aus beiden „Entwicklungsstadien“ sind vielerorts zerschlagen worden, implodierten aufgrund interner Diskrepanzen oder kapitulierten reumütig. Dieser Sachverhalt ist von uns in einem längeren Auseinandersetzungsprozess zu analysieren; dieses Vorhaben können wir für den jetzigen Moment nur anmerken, leider ist es nicht so auf die Schnelle „zu packen“.

Wenn wir gerade bei Grundsatzfragen sind: Wann hat der bewaffnete Kampf als Guerilla oder Miliz im Rahmen von metropolitanen Verhältnissen die taktische Ebene überschritten und klopft an die Tür der Strategie? Muss das „Partisanentum“ (Lenin) und die „irreguläre“ Kampfführung einer Guerilla oder Miliz überwunden werden, um im „Interesse der Revolution“ eine „Rote oder Volksarmee“ aufbauen zu können? Wie sind die Ebenen des Politischen und Militärischen zusammenzubringen? Oder hat die strikte Trennung des politischen vom militärischen Sektor eine wichtige Schutzfunktion? Wie viel Autonomie ist einzelnen bewaffneten Einheiten innerhalb der festgelegten strategischen Linie aufgrund ihrer spezifischen Kenntnisse vor Ort einzuräumen? Welche Erfahrungen gibt es in diesem Zusammenhang mit dem Aufbau einer Partei-Form? Ist sie zwangsläufig eine Institution des „Einbahnstraßen-Zentralismus“, die jede freie Entscheidung erstickt und omnipräsent wird? Wie lassen sich Vermittlungsebenen und Wechselwirkungen zu breiten und vor allem politisch  aufgeschlossenen gesellschaftlichen Kreisen entwickeln? Wie kann ein linker Populismus, der bspw. von allen vorgestellten Guerillaorganisationen als überlebenswichtig vorausgesetzt wird, aussehen? Wie findet man einen Ausgleich zwischen der notwendigen Klandestinität und der Zugänglichkeit für MitstreiterInnen? Welche Bedeutung misst man dem „subjektiven Faktor“ und dem „Geschichtsoptimismus“ hinsichtlich der Aufnahme des bewaffneten Kampfes bei? Usw. usf.

Mit dieser unvollständigen Liste von erschreckend komplizierten Fragekomplexen wollen wir erstens darauf hinweisen, dass eine zielgerichtete und praktisch unterlegte Debatte um Guerilla- bzw. Milizpolitik keine sein kann, die sporadisch und oberflächlich nach dem Motto „den bewaffneten Kampf mal eben mitdiskutieren“ geführt werden kann. Dies würde der Vielschichtigkeit und den möglichen Konsequenzen der Aufnahme des bewaffneten Kampfes an keiner Stelle gerecht werden können. Zweitens wollen wir verdeutlichen, dass die Komplexität der Aufgabenstellungen nicht von einem  klandestinen Zusammenhang allein „bewältigt“ werden kann. Wir wollen uns als Gruppe nicht lächerlich machen und den Eindruck erzeugen, als sei eine Mini-Struktur in der Lage Maxi-Konzepte als Alleinunterhalter der geneigten Öffentlichkeit anzubieten und in die Tat umzusetzen. Beide Punkte verweisen darauf, dass sich sehr viele Unwägbarkeiten und Hindernisse vor uns aufgetürmt haben, es wird seine Zeit brauchen , diese abgearbeitet und weggeräumt zu haben.

Da uns weder der erfrischende geschichtsoptimistische Wind ins Gesicht bläst noch sonst irgendwo (in Europa) revolutionäre Organisationen erkennbar voranschreiten, kommen wir gar nicht darum herum, eine intensive Auseinandersetzung mit linker Widerstandspolitik uns selbst gegenüber einzuklagen. Das hat weniger etwas mit „Selbsttherapie“ zu tun, denn mit dem erklärten Projekt, eine inhaltlich reflektierte, praktisch vielfältige, logistisch ausgebaute und organisatorisch stabile Struktur in Etappen zu schaffen. Mit einem solchen Projekt verbinden wir perspektivisch den selbst formulierten Anspruch „Für den Kommunismus!“ nicht nur auf dem Papier stehen zu haben, sondern praktisch werden zu lassen.

Wir werden im Rahmen eines „komplexen revolutionären Aufbauprozesses“ die eigenen Initiativen mit den Bedingungen der objektiven Entwicklung des allgemeinen gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses und der Situation der (revolutionären) Linken in Übereinstimmung bringen müssen. Sonst laufen wir unweigerlich Gefahr statt Politik Phraseologie zu betreiben.

Aufgrund unserer bisher formulierten konzeptionellen Überlegungen ist hoffentlich allen klar, dass erste Schritte des Aufbaus einer Zelle des bewaffneten Kampfes nicht dazu führen, dass die gesamte Struktur, die bisher eine militante Praxis verfolgte, in ein „bewaffnetes Format“ überführt wird. Sowohl die militante Politik als auch jene der bewaffneten sind zu etablierende Ebenen eines  gesamtorganisatorischen Rahmens. Die Preisgabe der einen zugunsten der Realisierung einer anderen klandestinen Praxis würde unseren Vorstellungen eines widerstandsebenenübergreifenden Netzwerkes völlig zuwiderlaufen.

Mit diesem Text läuten wir auch keine voreilige Schwerpunktverschiebung unserer Politik ein. Im Gegenteil – wir versuchen mit der Thematisierung speziell des bewaffneten Kampfes – sei es in der Strukturform einer Guerilla oder Miliz – dem gerecht zu werden, was wir seit unserem „Plattformpapier“ (vgl. Interim Nr. 550, 9.5.2002) als „komplexen revolutionären Aufbauprozess“ bezeichnen. D.h. das Nahziel ist und bleibt die Entwicklung eines Koordinations- und Aktionsrahmens militanter Praxis, um sie – auf Sicht – als eigenständigen Faktor revolutionärer Politik etablieren zu können.

Für eine militante Plattform – für einen revolutionären Aufbauprozess – für den Kommunismus!

militante gruppe (mg), Dezember 2004